Anthology of Fear | Test

P.T. Diese Abkürzung hat die Horror-Spielsüchtigen in den letzten Jahren gleichermaßen begeistert wie enttäuscht. Der zur Silent Hill gehörende Horror-Teaser definierte den Psycho-Horror in Computerspielen neu und fand bislang keinen würdigen Nachfolger. Leider wurde das Projekt aus unerfindlichen Gründen eingestellt. Anthology of Fear versucht als Indie-Titel dieses Konzept aufzugreifen und einen Schritt voran zu bringen. Ob dies geschafft wurde erfahrt ihr im nachfolgenden Review. Packt die Windel ein … es warten wieder gruselige Korridore auf uns.

Anthology of Fear: Test
Löse das Rätsel um das Verschwinden deines Bruders, während du dich durch beunruhigende Grenzorte begibst.

NATHAN ... WHO THE F*** IS NATHAN?

Wir starten unseren Horror-Gang, wie so oft in diesem Genre nach einem Unfall ohne Vorkenntnisse oder Erinnerungen. Prompt aus dem Autowrack gefallen suchen wir bereits nach einer Gedächtnisstütze und taumeln durch die nebeldurchtränkte verlassene Stadt. Wo hin mit uns? Siehe da … Ein Telefon klingelt und sagt uns, dass wir zu einem nahegelegenen Gebäude gehen und in den Lift steigen sollen … Wieso auch nicht?

Was so witzlos als Intro erscheint ist in Anthology of Fear leider reale Tatsache. Dieser Einstieg ist jedoch nur eine von zwei Geschichten, welche uns vorgetragen werden. Denn eigentlich sind wir in einem verlassenen Krankenhaus auf der Suche nach jemand … oder etwas. Ich habe es offen gestanden vergessen, da der Einstieg in die Geschichte so nichtssagend ist, dass es kaum der Rede wert ist.

Nachdem wir die ersten Patientenakten durchforstet haben und uns durch wiederkehrende Gänge und Räume gedrängt haben, stehen wir vor einem alten Röhrenfernseher und halten zwei alte VHS Kassetten (für die jüngeren Leser bitte nachschlagen was dies ist) in Händen. Jede der beiden Kassetten schildert scheinbar eine eigenständige Geschichte über entsprechende Insassen der Anstalt. Ob die Geschichten zusammenpassen sei an dieser Stelle nicht verraten.

Erstes Tape umfasst die Geschichte von Nathan, welcher nach einem Unfall vermeintlich auf der Suche nach Antworten ist und dabei in ein älteres Anwesen mit Fahrstuhl gerät. Darin befindet sich zumindest ein in die Jahre gekommener Computer, an dessen virtuellem Ende ein vermeintlicher Freund uns helfen vermag. Doch wieso weiß der digital Gegenübersitzende so viel über uns und unsere Situation? Fragen über Fragen.

Zweite Geschichte ist ähnlich gestrickt und behandelt die Geschehnisse in einem größeren Familienhaus. Das wars auch schon mit dem Geschichtseinblick. Mehr gibt es an dieser Stelle leider nicht zu erzählen. Auch wenn viele Horror-Geschichten nicht mehr Kontext benötigen, wäre hierbei eine Ausschmückung doch sinnvoll gewesen.

DOOR-OPENER ODER DOOR-CLOSER?

Hauptaspekt in Anthology of Fear ist der waffenlose Horror, der uns in den Gängen und Räumen diverser Schauplätze offen präsentiert wird. Dort eine zufallende Tür, hier ein herabfallendes Bild und wieder einmal Puppen, die sich zu bewegen scheinen. Dinge, die uns in der Realität mit Sicherheit Material in die Unterhose setzen lassen, sind digital gesehen leider schon Alteisen. Das Spiel watet hierbei mit einigen Ideen auf, die es jedoch schon gab und auch an dieser Stelle nicht zu Ende gedacht wurden.

So drehen sich beispielsweise die Augen der Puppe mit unseren Bewegungen oder der Arm bewegt sich einmalig plötzlich, wenn wir den Raum betreten. Aber das war es schon. Eine dichtere Atmosphäre kommt leider nicht zu Stande. Einige Schreckmomente gibt es … So wartet plötzlich eine Puppe hinter der zufallenden Türe oder lugt hinter der nächsten Ecke hervor. Ideen, die im Ansatz gut sind, werden jedoch plump fallen gelassen, nachdem man nach knapp 30 Minuten das erste Tape geschichtlich durch hat.

Man marschiert als Nathan durch die immer wiederkehrenden Gänge des alten Anwesens. Dabei ändern sich bei jedem Durchgang die Räumlichkeiten und deren Inhalt. Repetitiv wäre an dieser Stelle nicht schlimm. P.T. hat uns gezeigt, was in einem einzelnen Gang mit einem angrenzenden Raum alles für Horror-Szenarien möglich sind. Anthology of Fear kommt leider nicht annähernd auf dieses Niveau.

Dabei sind die dargebrachten Rätsel und Aufgaben durchaus durchdacht. Es wirkt jedoch gesamtheitlich wie eine Techdemo oder ein Teaser und nicht wie ein vollwertiges Spiel. Schade eigentlich, da ich gerne von diesem Genre mehr gesehen hätte.

VHS UND ÄLTER

So alt wie die vorkommende Technik ist das Gamedesign an sich leider auch. Die Straßen und Gänge wirken eher nach PS2 als NextGen und sind ebenso trostlos wie unbelebt. Ich erinnere mich an Hausszenarien, in denen ich staunend minutenlang in diverse Ecken und Räume glotzte. Das programmierte Chaos und der häusliche Verfall wurden leider bereits interessanter dargestellt.

Hochhalten muss ich an dieser Stelle die Soundkulisse. Geräusche werden gekonnt weggelassen wo nicht notwendig und passend eingesetzt, wenn erforderlich. Ein Knarzen im Holz oder eine quietschende Türe sind passend und untermalen den Horror zusätzlich.

Die Rätsel sind kaum der Rede wert. Gekonnte 12-Jährige würden diese schnellstens durchschauen und zur Lösung finden. Auf engstem Raum wiederkehrende Rätsel einzusetzen ist leider nicht sehr abwechslungsreich. Zugegeben, dass dies eine Herausforderung ist, wurde es uns aber auch schon besser gezeigt.

Die Schockmomente sind an einer Hand abzählbar und zum Teil vorhersehbar. Die am Ende zum Einsatz kommende Waffe ist mehr nervig als hilfreich und auch geschichtlich unpassend eingefügt. Allen in Allem gibt es viele nicht weiterverfolgte Ansätze. Ehe man sich mit der neuen Mechanik und Umgebung abgefunden hat, ist das Spiel schon am Ende.

FAZIT

PRO

  • Korridor-Horror
  • Durchaus durchdachter Grusel
  • Throw-In Story

KONTRA

  • Hackelige Steuerung
  • Zum Teil nervige Rätsel
  • Zu Kurzweilig
  • Kein geschichtlicher Tiefgang
7.2

Spielenswert

Gameplay - 6.9
Grafik - 7.2
Sound - 8
Inhalt - 6.4
Atmosphäre - 7.6
Seitdem ich zum ersten Mal einen Controller in der Hand hielt wusste ich, dass dies eine Freundschaft fürs Leben wird. Bis heute ist der digitale Sport für mich fixer Bestandteil meiner Freizeit. Mit AustriaGaming ist er sogar zum Teil zur Berufung geworden. Favorisierte Spiele sind für mich aus dem Genre Horror, SciFi und RPG mit viel geschichtlichem Tiefgang. Gerade innovative und alternative Games ziehen mich öfters in den Bann.
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