Mit Assassin’s Creed: Valhalla meldet sich die erfolgreiche Videospiel-Reihe aus dem Hause Ubisoft zurück und tritt das Erbe des Vorgängers in vollem Umfang an. Assassin’s Creed: Valhalla zeigt ein ausgeprägtes Bewusstsein für die Geschichte sowie Gameplay-Innovationen und fühlt sich dadurch wie ein Dankesbrief an das gesamte Franchise an. Und genau das macht das Spiel für langjährige Fans zu einer lohnenden Erfahrung, aber auch Neulinge werden ihren Ausflug in Valhalla, dank der großartigen Spielwelt und der geheimnisvollen Geschichtserzählung in vollen Zügen genießen.
KEIN ASSASSIN'S CREED OHNE ANIMUS
In Valhalla spielen wir erneut die heutige Protagonistin Layla Hassan, die nach den unglücklichen Ereignissen am Ende von Assassin’s Creed: Odyssey’s zweitem DLC, The Fate of Atlantis, immer noch etwas erschüttert ist. Verständlicherweise wurde sie von ihrem alten Team geächtet und arbeitet jetzt mit ihren Assassinen-Kollegen Shaun Hastings und Rebecca Crane zusammen.
Das Trio steht vor der gewaltigen Aufgabe, die Welt retten zu müssen, und ihr einziger Anhaltspunkt dafür ist eine mysteriöse Nachricht unbekannten Ursprungs, welche Koordinaten zu einem Grab enthält. Ohne weitere Anhaltspunkte springt Layla mit einer DNA-Probe, die von den Skelettüberresten entnommen wurde, in den Animus und lässt ihr Leben in der fernen Vergangenheit wieder aufleben. Dieses Mal wird sie Eivor sein, ein Wikinger, der im neunten Jahrhundert lebte.
EIVOR'S SCHICKSAL
Unser Hauptprotagonist Eivor wird im Assassin’s Creed: Valhalla – Song of Glory Comic zwar als weiblich dargestellt, jedoch könnt ihr euch auch für eine männliche Version entscheiden oder den Animus für euch wählen lassen, wodurch sich Eivors Geschlecht an bestimmten Punkten während der Kampagne ändert. Zusätzlich könnt ihr jederzeit zwischen allen drei Optionen wechseln. Ich habe mich für die männliche Version von Eivor entschieden, da ich mich als Mann besser mit diesem Charakter identifizieren kann.
In den ersten Minuten von Valhalla, schlüpfen wir in den jungen Eivor und müssen mit ansehen, wie unsere Familie von Feinden brutal abgeschlachtet wird. Gerettet von unserem Adoptivbruder Sigurd, beginnt eine Reise im verschneiten Norden mit dem einzigen Ziel – RACHE! Diese bekommt Eivor auch nach 15 Jahren und schon kann man sich anderen Zielen widmen – eben ein klassischer Assassins Creed Einstieg ohne viel Hintergrund. Als Wikinger-Räuber ist Eivor neben seinem Adoptivbruder Sigurd ein Anführer des Rabenclans. Zu Beginn von Valhalla hat Eivor eine Vision, welche ein schreckliches Schicksal vorhersagt. Bevor er jedoch die genauen Einzelheiten der Vision verstehen kann, beschließt Sigurd, Norwegen in Richtung England zu verlassen, was Eivor veranlasst, ihm zu folgen.
Erstmals in England angekommen, finden sich die beiden in ihrer neuen Heimat im Zentrum mehrerer Kriege wieder. Sigurd macht sich auf, um mit jedem der vier Königreiche Englands (Wessex, Northumbria, East Anglia und Mercia) Frieden zu schließen und ein sicheres Stück Land für den Clan zu erobern. Er lässt Eivor zurück, um sich der wachsenden Siedlung zu widmen, und ruft Ihn nur dann, wenn er seine Kraft oder seinen gerissenen Intellekt braucht.
[g-slider gid=“52131″ width=“100%“ height=“45%“]WILLKOMMEN IN ENGLALAND
Die Geschichte von Valhalla spielt sich über eine Reihe geschlossener Story-Abschnitten ab. Wenn ihr mit Sigurds Frau Randvi sprecht, könnt ihr auf einer Landkarte wählen, welche von Sigurds Spuren ihr als Nächstes verfolgen wollt, wodurch eine zwei- bis dreistündige Geschichte in Gang gesetzt wird. Danach kehrt ihr zu Randvi zurück, um über das Geschehene zu berichten und alle gesammelten Ressourcen in die Siedlung zu investieren. Denn unsere neue Heimat muss sukzessive aufgebaut werden und damit ergeben sich weitere Möglichkeiten den Spielfortschritt voranzutreiben. So könnt ihr unter anderem in der Schmiede eure Ausrüstung verbessern oder euch beim Tättowierer neue Farbe ins Gesicht klatschen lassen. Des Weiteren stehen euch zahlreiche andere Bauoptionen, wie der Bauernhof oder die Bäckerei zur Verfügung, welche eure Truppen mit Proviant versorgen.
Bei der Story handelt es sich nicht um eine große Kampagne von aufeinanderfolgenden Ereignissen, sondern um viele kleine Episoden, die miteinander verbunden sind. Diese Struktur spricht sowohl für als auch gegen Valhalla, aber genau an dieser Stelle spaltet Valhalla womöglich die Community, denn sobald ein Storyabschnitt abgeschlossen ist, ist er eben abgeschlossen – bestimmte Charaktere können zwar in späteren Verläufen wiederkehren, aber das passiert in der Regel nur sehr selten. Das hat zwar den Vorteil, dass man sich mit Handlungssträngen die einem weniger interessieren, nicht stundenlang beschäftigen muss, aber die einem Spaß machen sind dadurch leider auch nicht von Dauer.
Den größte Kritikpunkt dieses Erzählstils ernten aber die flachen Charaktere. Es fehlt den Charakteren, welche in der Regel nur für ein paar Stunden präsent bleiben, die nötige Zeit um Ihnen den nötigen Tiefgang aufbauen zu lassen. Das ist wirklich schade, denn manche Charakter werden wirklich großartig in Szene gesetzt, verschwinden aber dann, wenn Sie wirklich interessant werden, wieder relativ schnell von der Bildfläche.
GEWOHNTE SPIELMECHANIK
Wie bereits von Odyssey bekannt, wurde auch in Valhalla das spannende Söldnersystem integriert. Diesmal haben wir es aber nicht mit Kultisten zu tun, sondern stellen uns dem „Orden der Ältesten“ entgegen, von dem wir von zwei befreundeten Assassinen erfahren. Hier gilt es wieder Informationen über unserer Ziele zu sammeln, um letztendlich die genaue Position unseres Widersachers zu ermitteln. Hat man das Ziel ausfindig gemacht, brechen wir in gekonnter Assassinen Manier auf, um diesen mit einem gezielten Schlag aus dem Hinterhalt den Gar auszumachen. Durch dieses System erhält Valhalla das typische Assassin’s Creed Gameplay, was ansonsten quer durch das Spiel deutlich zu kurz kommt.
Denn die unterschiedlichen Waffen und Fähigkeiten laden viel mehr zum Kämpfen als zum Meucheln ein. Das Kampfsystem erinnert dabei stark an Odyssey und gibt rollenspieltypisch den verrichteten Schaden in Form von Trefferpunkten aus. Die Kämpfe sehen zwar großartig aus, machen aber nur in den seltensten Fällen wirklich Spaß. Das liegt daran, dass die KI uns bei weitem nicht das Wasser reichen kann. Wer mit dem Bogen umgehen kann, schaltet die Feinde aus großer Reichweite aus, bevor Sie überhaupt eine Gefahr darstellen. Wer es aber auf den Nahkampf anlegt, der braucht mehr oder weniger nur den Angriffen per Tastendruck ausweichen und mit Konterschlägen den Feind zu Boden zwingen. Besonders auffällig ist das bei den groß angelegten Massenschlachten, die wir zum Beispiel beim Erobern einer Burg präsentiert bekommen: Diese Schlachten laufen dabei fast immer gleich ab! Wir stürmen die Festung oder brechen mit dem Rammbock Tore auf, um am Schluss stark gepanzerte Ziele auszuschalten, die das Ende der Massenschlacht einläuten. Das Konfuse dabei ist, dass wir bis hin zu den Endgegnern, bei nahezu allen anderen Feinden gefahrlos vorbeilaufen können. Das trübt nicht nur die Immersion, sondern auch den Spaß der großen Schlachten, welche eigentlich ein Highlight von Valhalla darstellen sollen.
Durch das Abschließen von Quests und das Töten von Gegnern erhalten wir Erfahrungspunkte, die uns im Level aufsteigen lassen. Dadurch erhalten wir Skillpunkte, die wir im umfangreichen Skillbaum platzieren, um somit mehr Schaden austeilen oder einstecken zu können. Zusätzlich schaltet der Skillbaum auch neue Fähigkeiten frei, die uns bei unseren Kämpfen unterstützen.
Trotz Open World fordert uns das Spiel immer wieder dazu auf, einen ganz bestimmten Weg einzuschlagen. Ihr habt zwar mehrere Möglichkeiten zur Auswahl, welches Ziel ihr verfolgen möchtet, aber vielleicht befindet sich nur eines davon in einem Gebiet, welches eurer aktuellen Machtstellung entspricht. Es gibt aber Ausnahmen: Manchmal bekommt man schon früher Bündnisvorschläge, die sich in Gebieten mit sehr hohem Machtniveau befinden und auf Missionen hinweisen, auf die man hinarbeiten sollte. Das ist zwar mit einer gewissen Gefahr verbunden, da die Gegner in diesen Gebieten weitaus stärker als unser Held sind, kann aber durchaus Spaß machen, da wir dadurch das genaue Timing erlernen, welches nötig ist, um Angriffe auszuweichen oder abzuwehren..
Das Grundgerüst von Valhalla ist stimmig und auch die Quests machen großteils Spaß, dennoch hat das Spiel wie bereits der Vorgänger mit teils unnötig langen Reisen zu kämpfen. Wir schippern mit unserem Langboot von Punkt A zu Punkt B, meucheln vor uns hin, um letztendlich über Punkt C zurück zu Punkt A zu gelangen. Man bekommt dadurch zwar viele Einblicke in die schöne Spielwelt, dennoch wirkt das Ganze nach dem X-ten Mal sehr monoton und zieht das Spiel unnötig in die Länge. Unabhängig von der Reihenfolge, für die ihr euch entscheidet, werdet ihr schlussendlich jeden Teil Englands erobern, bevor der Feldzug abgeschlossen ist.
LOOT UND INGAME SHOP
Das Lootsystem von Odyssey stosste in der Community auf heftige Kritik. Laut den sozialen Medien wurde hier als Grund die unüberschaubare Anzahl von Waffen und Ausrüstungsteilen genannt. In Valhalla wurde deshalb das Lootsystem geändert und neue Waffen bzw. die Ausrüstung sind nun an Quests, Händler und Erkundung gekoppelt. Dadurch erhalten wir über das ganze Spiel gesehen weit weniger neues Equipment und können diese weder zerlegen noch verkaufen. Dafür können wir sie mit den gesammelten Ressourcen verbessern oder mit Runen aufwerten.
Das alles ist natürlich Geschmackssache, mir persönlich hat aber das Lootsystem von Odyssey weit mehr Freude bereitet, denn so sah mein Held wenigsten immer unterschiedlich aus. Apropos Aussehen! Auch in Valhalla gibt es einen InGame Shop, mit dem wir komplette Skinpakete und sonstiges gegen die sogenannte Helix Währung tauschen können.
GRANDIOSE INSZENIERUNG
Die größte Stärke von Assassin’s Creed: Valhalla liegt an der großartigen Open World und den liebevollen Details. Ich kann mich an dem virtuellen England, mit den idyllischen Hügeln, den römischen Ruinen, den zahlreichen Burgen und den stimmungsvollen Licht- und Wettereffekten, kaum sattsehen. Immer wieder ertappte ich mich dabei, wie ich zahlreiche Momente mit dem Fotomodus verbrachte, nur um den schönen Anblick als Screenshot einzufangen. Auch die Charaktere sind eine Augenweide und strotzen nur so vor Details. In puncto optische Präsentation kann man sich also direkt in Valhalla verlieben.
Doch der Schein trügt! Die Schönheit Valhallas kann nicht darüber hinwegtrösten, dass es wenig gibt, was wir tatsächlich gerne tun wollen. Der Großteil der Open World Aktivitäten besteht darin, nach einem Weg zu den verborgenen Schätzen (Runen, Materialien, Bücher) zu suchen. Das füllt zwar das Spiel mit Spielzeit, wirkt aber schon nach einigen Minuten als lästige Beschäftigungstherapie, die ich bereits nach kurzer Zeit an den Nagel gehängt habe. Ich muss aber dazu sagen, dass ich bei weitem kein Komplettist bin, denn das hätte mich wahrscheinlich in den Wahnsinn getrieben.
Zusätzlich bereitet mir auch der enorme Hardwarehunger etwas sorgen. Speziell im verschneiten Norden, brach die Performance immer wieder sehr stark ein. In England war das aus welchen Gründen auch immer, weit besser, dennoch werden Spieler mit einem älteren System wohl an ihre Grenzen stoßen. Des Weiteren hatte ich während meiner Spielzeit immer wieder mal längere Aussetzer des Sounds, der zwar nach einiger Zeit wieder zurückkam, aber dennoch sehr stark das Spielgeschehen trübte. Zudem kommt es immer wieder mal vor, dass man in ein unsichtbares Loch fällt und teilweise zum Neustart gezwungen wird. Das sind aber Punkte, die Ubisoft mit weiteren Patches sicherlich in den Griff bekommen wird, aber bei der Performance wird sich womöglich nicht mehr viel ändern.