Neben Super Mario und Sonic oder FIFA und PES, ziehen auch dieses Jahr die bekanntesten Videospiel-Kontrahenten – Battlefield 1 und Call of Duty – in die Schlacht um den Titel: Shooter des Jahres 2016. Herzlich Willkommen im Zeitalter des digitalen Kräftemessens. Während uns Battlefield 1 so ziemlich genau 100 Jahre in die Vergangenheit schickt, katapultiert uns Call of Duty: Infinite Warfare in die Zukunft und lässt uns Planeten unseres Sternensystems bereisen – Raumschlachten inklusive! Ob wildes Rumballern im Weltraum wirklich Spaß machen kann, lest Ihr wie immer in unserem Test.
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Die Erde allein reicht nicht mehr[/perfectpullquote]
Call of Duty: Infinite Warfare spielt in ferner Zukunft, in welcher durch die ständige Ausbeutung unseres Heimatplaneten sämtliche Ressourcen erschöpft sind. Aus der Not heraus schlossen sich die Nationen zusammen und gründeten die United Nations Space Alliance (UNSA). Die Aufgabe der UNSA besteht darin, die benachbarten Planeten unseres Sonnensystems zu bereisen, um wichtige Rohstoffe zu sammeln und neue Kolonien zu gründen. Das Spiel erzählt uns hier zwar eine fiktive Geschichte, welche aber in einigen Jahren genau so eintreffen könnte.
Leider gibt es wie bei jeder tollen Geschichte auch eine Schattenseite. Unzufriedene Kolonisten, welche nichts mehr mit Ihrer Heimatwelt zu tun haben möchten, formierten sich zur Settlement Defense Force (SDF) zusammen und werden von keinem geringeren als Admiral Salen Kotch (gebürtig vom Mars und verkörpert von Kit Harington aus Game of Thrones) angeführt. Die SDF macht es der UNSA immer wieder schwer, indem Sie Spähtrupps oder auch Kolonien angreift. Der Angriff auf die Erde (Genf) lässt das Fass überlaufen und so schlüpfen wir in die Rolle unseres Protagonisten Lieutenant Nick Reyes, mit dem wir die Straßen von den Anhängern der SDF befreien und anschließend quer durch den Orbit reisen. Als der Captain unseres zugeteilten Raumschiffs im Gefecht stirbt, übernehmen wir als ranghöchster Offizier das Kommando der Retribution und setzen unseren Rachefeldzug fort, indem wir sukzessive eine Kolonie nach der anderen von der SDF befreien.
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Großartige Missionen[/perfectpullquote]
Wer die Call of Duty Reihe kennt, der weiß auch mit welcher Wucht wir die erzählte Geschichte und die darin enthaltenen Missionen erleben dürfen. Auch in Call of Duty: Infinite Warfare erleben wir bombastische Action, glaubwürdige Charaktere und eine typische Gut-vs-Böse Story mit wenig Überraschungen. Speziell unsere Begleiter, welche wir in den 22 Haupt und 9 Nebenmissionen näher kennenlernen dürfen, haben es uns dabei extrem angetan. Ganz klarer Favorit ist der Kampfroboter Ethan, der uns mit seinen Rand-Kommentaren immer mehr ans Herz wächst und somit für das gewünschte Grinsen sorgt. Auch unsere langjährige Kampfgefährtin Nora möchten wir keine Sekunde im Spiel vermissen.
So blöd es auch klingt, aber selbst unseren Widersacher Kotch möchten wir immer und immer wieder gerne sehen. Vielleicht liegt es auch daran, dass Kit Harington dem Charakter seinen eigenen Stempel aufsetzt und als Game of Thrones Fan dadurch das Herz etwas höher schlagen lässt. Wer weiß? Während Kotch zu Beginn der Kampagne noch seine eigenen Zwischensequenzen spendiert bekommt, so müssen wir uns im Laufe der Geschichte nur noch mit kurzen Einblendungen am Bildschirmrand zufrieden geben. Gerne hätten wir noch mehr über Kotch und dessen Beweggründe erfahren, speziell deshalb, da man mit Kit einen echten Hollywood-Star engagieren konnte.
Was einem jedoch sofort positiv ins Auge springt, ist das luftige Missionsdesign. Alles wirkt offener und nicht mehr so stark eingeengt wie bei den Vorgängern. In Genf zb. dürfen wir durch zahlreiche Wohnungen springen, um unsere Gegner zu flankieren. Neben dem offenen Missionsdesign stehen uns auch zahlreiche Waffen und Granaten zur Verfügung. Egal ob einfache Splittergranate oder Schockgranate, im Arsenal ist sicherlich für Jedermann etwas dabei. Besonders gut gefällt mir die Anti-Schwerkraft-Granate, diese hebt im Detonationsradius die Schwerkraft auf und lässt unsere Gegner wie von Geisterhand schweben. Diese können sich dann nicht mehr wehren und sind für unsere Wumme leichtes Futter. Apropos Schwerkraft – in Call of Duty: Infinite Warfare spielen wir auch Missionen wo wir im Weltraum herumschweben und uns Dank eines Greifhakens zu verschiedenen Objekten oder auch Gegnern hinziehen können. Grandios!
In sämtlichen Innenbereichen wird aber eine künstliche Schwerkraft erzeugt und wir können wie gewohnt herumlaufen. Ein weiteres Highlight sind die Fenster, ja richtig gelesen “Die Fenster” 🙂 Nicht weil diese so schön sind, nein, weil diese eine richtige Gefahr verbergen. Den offenen Weltraum! Schießt man die Fenster kaputt, so wird alles in der Nähe in den Weltraum gezogen! Dies erzeugt in manchen Bereichen einen taktischen Vorteil gegen unsere Widersacher, da wir es dadurch auch mit größeren Gegnergruppen spielend leicht aufnehmen können. Leider sind wir anscheinend die einzigen die etwas von Physik verstehen, denn weder unsere Begleiter noch unsere Gegner nutzen diese Möglichkeit. Doch nicht nur die Fenster bleiben bei unseren Gegnern unberührt, auch sonst lässt Sie die KI in den meisten Fällen im Stich. Die Gegner laufen entweder schnurstracks auf uns zu, oder verharren hinter der von Ihnen gewählten Deckung. Egal ob leicht oder schwer gewählter Schwierigkeitsgrad, die Gegner sind in den meisten Fällen kein ernstes Problem, da diese weder Flankieren oder sonst irgendwelche taktische Manöver einleiten. Gut für uns, schlecht für die 🙂 Auch wenn die KI etwas den Spielspaß trübt, so hebt es die bombastische Inszenierung wieder auf. Auch der ständige Wechsel in den „Jackal“-Raumjäger sorgt für die nötige Abwechslung. Zwar kommen hier nur Arcade-Freunde voll auf Ihre Kosten, denn die Steuerung ist alles andere als simulationslastig, reicht aber vollkommen aus. Wir feuern auf feindliche Jäger, zerstören Geschütztürme unserer Widersacher oder schiessen Täuschkörper ab um mit unserem Turbo aus der Gefahrenzone zu entkommen. Richtig Cool!
Insgesamt bietet die Call of Duty: Infinite Warfare Kampagne genau das, was wir eben von Call of Duty erwarten! Ein erstklassige Story, welche rasend Fahrt aufnimmt, uns immer wieder in den Bann zieht und nicht mit brutaler Action geizt!
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Wäre da nicht der Multiplayer[/perfectpullquote]
Wie wir bereits wissen, ist die Einzelspieler-Kampagne ein echtes Feuerwerk. Großartige Charaktere, viel Abwechslung und erstklassiges Storytelling. Genau diese Punkte fehlen beim Multiplayer-Part und eigentlich sollte der für die Langzeitmotivation sorgen. Call of Duty: Infinite Warfare möchte ein Titanfall sein, schafft es aber nicht dies umzusetzen. Wir können zwar 1 zu 1 die selben Moves, egal ob Jetpacksprung oder das bekannte Wandlaufen, alles ist an Bord, aber irgendwie wirkt alles lustlos oder einfach nicht fertig. Auch beim Leveldesign fehlt einfach die Liebe zum Detail und in einem kommt ständig das Gefühl auf, als wäre der MP nur ein Mittel zum Zweck. Zwar bietet der Multiplayer 15 Spielmodi, zahlreiche Maps und Waffen, dennoch fehlt das gewisse Etwas um uns immer und immer wieder aufs Schlachtfeld zu locken.
Trotz all dem hat der Multiplayer-Modus auch seine Glanzmomente. In keinem vergleichbaren Online-Shooter können wir unseren Charakter so individuell anpassen wie in Call of Duty: Infinite Warfare. Es gibt Hunderte, zum Teil freischaltbare Embleme und erstmals auch animierte Visitenkarten, Ausrüstungsgegenstände, Gesten und Perks sowie unterschiedliche Rigs-Looks. Nach jedem Match verteilt das Spiel per Zufallsgenerator Schlüssel, welche wir gegen unterschiedliche Vorratskisten eintauschen. Das kennen wir bereits von Battlefield 1 mit dem Battlepack-Abwurf.
Die bekannten Spezialisten-Klassen aus Black Ops 3 wurden durch die Combat-Rig (Kampfanzüge) ersetzt. Mit diesen sogenannten Rigs erhalten wir neben besonderen Eigenschaften auch besondere Fähigkeiten. So errichten wir per Knopfdruck ein elektromagnetisches Schild, welches uns vor jeglichen Schaden schützt, oder wir erhalten einen außerordentlichen Geschwindigkeitsboost mit dem wir zum extrem gefährlichen Nahkämpfer werden. Hört sich alles richtig Cool an, ist es teilweise ja auch, aber leider nicht immer. Speziell der Nahkämpfer ist teilweise so übertrieben stark, dass man schnell die Lust auf weitere Runden verliert.
Am Besten gefällt uns der bereits bekannte Zombie-Modus. Dieser hat sich in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Spielmodi entwickelt und überzeugt auch in Infinite Warfare. In der Map “Spaceland” versetzt uns das Spiel mit 3 Gefährten in einen Vergnügungspark, welcher nur so von Untoten wimmelt. Als Nerd, Sportskanone, Rapper und Blondine tritt das Quartett den Zombies entgegen. Welle für Welle ballern wir die Zombies über den Haufen, kassieren etwas Kohle dafür und schalten weitere Bereiche des Parks frei. Die Kohle investieren wir in neue Waffen um nicht vorzeitig das Zeitliche zu segnen. Sollte man doch einmal ins Gras beißen, versetzt das Spiel einem in eine mystische Spielhalle mit Kirmesattraktionen und alten 8-Bit-Spielen von Activision und gibt einem die Chance sich zurück ins Leben zu spielen. Verlorene Waffen können wir gegen Bares im Parkfundbüro wieder zurückkaufen und sind somit für die nächste Welle gerüstet. Der Zombie-Modus macht derartig viel Spaß, dass er den Flop des restlichen Multiplayer Modus schon fast wieder Wett macht.
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Hübsch aber kein Highlight[/perfectpullquote]
Auch wenn sich die Grafik Teil für Teil ständig verbessert, hinkt dieses Jahr Call of Duty: Infinite Warfare seinem stärksten Kontrahenten Battlefield 1 hinterher. Noch nie habe ich mir so schwer getan, die Technik eines Spiels zu bewerten wie bei Infinite Warfare. Das Spiel sieht teilweise so extrem schön aus, dass wir am liebsten ständig Screenshots erstellen würden. Doch im nächsten Moment trüben schwammige Texturen und detailarme Regionen das Bild. Ein Wechselbad der Gefühle.
Trotzdem ist Call of Duty: Infinite Warfare richtig hübsch anzusehen, seien es die tollen Licht-Schatteneffekte oder die grandiosen Charaktere und deren Animationen. Auch der Sound kann sich absolut hören lassen und spielt in den actionlastigen Raumschlachten seine volle Stärke aus. Leider hatten wir bei den Zwischensequenzen immer wieder störende Nebengeräusche und die Bewegungen der Lippen waren mit dem Sound nicht zu 100% synchron. Ob es sich hierbei um ein einzelnes Phänomen unseres Testsystems handelt oder ob mehr dahinter steckt, konnten wir leider bis Dato nicht herausfinden. Dennoch ist Call of Duty: Infinite Warfare technisch absolut am Stand der Dinge, muss sich aber auch in diesem Punkt gegen Battlefield 1 geschlagen geben.
Noch nie fiel es mir so schwer ein Spiel objektiv und unvorbelastet zu bewerten. Call of Duty: Infinite Warfare ist ein Wechselbad der Gefühle. Auf der einen Seite steht die absolut glaubwürdige, großartig inszenierte Singleplayer-Kampagne mit actionreichen Raumschlachten und der geniale Zombie-Modus auf der anderen Seite der schwache Multiplayer-Modus, teilweise schwammige Texturen und die schwache KI. Als Gesamtpaket kann Infinite Warfare aber trotzdem überzeugen und wer sich von der Call of Duty Reihe keine bahnbrechenden Neuheiten erwartet, der dürfte auch mit Infinite Warfare seinen Spaß haben.