Genre-Mixturen sind immer so eine Sache … entweder bekennt sich ein renommiertes Entwicklerstudio zu einem solchen Projekt und versagt in dem nicht bekannten Genre oder die Mixtur geht selbst im Ofen bei 300°C für 5h einfach nicht auf. Nichtsdestotrotz verfolge ich derlei Ausreißer immer wieder gerne, da gerade einige interessante Rezepte irgendwo da draußen sind. Ego-Shooter und RPG? Hatten wir bereits. RPG mit Strategie, pfff … alter Hut. Ego-Shooter mit Strategie? Da wird die Sache schon interessant. Ein Titel aus allen drei Disziplinen? Klingt nach der Koch-Königsklasse. Genau das versucht Desintegration (witziger Sarkasmus-Titel wenn man es so betrachtet) genau darzustellen. Alle drei Genre finden sich in hohen Aspekten wieder und sollen den Gamer vor dem Bildschirm oder Monitor fesseln. Na dann heben wir einmal mit dem Gravcycle ab und sehen uns den Titel von oben an.
RENNFAHRER, BÖSER OVERLORD, REVOLUTION...KENNEN WIR!
Das geschichtliche Setup konnte mich bereits nach der ersten Minute in den Bann ziehen. Aber auch nur weil ich auf so einen Sch… stehe. Begriffserklärung: Als Integration ist in der nicht allzu fernen Zukunft die Umpflanzung eines menschlichen Gehirns in einen Androiden (menschlichen Roboter) zu verstehen. Die Desintegration ist daher … ihr versteht? Toll dann können wir hier direkt weiter springen. In besagter Zukunft ist bereits ein Großteil der Menschheit integriert worden. So auch Romer Shoal, unser Hauptprotagonist des Spiels. Ja ich weiß der Name klingt, als wäre er dem Entwicklerteam bei zu viel von irgendeiner verbotenen Substanz eingefallen, aber was soll.
Restposten als Fleischsäcke gibt es hier und da in der futuristischen Welt immer noch. Eine Fraktion, genannt Rayonne angeführt vom bösen Overlord Black Shuck (ich weiß, ich weiß) wollen die verbliebenen Menschen dazu zwingen die Integration durchzuführen. Ob wir dies wohl verhindern können und dem bösen Black Shuck bezwingen können? Mein unermüdlicher Optimismus und meine Daumenmuskeln geben mit Zuversicht, dass wir das schaffen!
Wer geschichtlich mehr in Desintegration erwartet, den muss ich leider enttäuschen. Meine oben angeführten Zeilen sind im Spiel etwa in geschätzte 1:20min Intro-Time erledigt. Weiteren (erhofften) moralischen oder ethischen Tiefgang sucht man leider verzweifelt. Ab und an wird eine witzige, aber dennoch fragwürdige Anekdote rausgehauen … das war es allerdings dann auch wieder. Schade eigentlich, da das Setup einen großen Spielraum zulassen würde.
Wir steuern den Helden Rome Shaol, seines Zeichens Gravcycle-Rennfahrer (Wieso fragt ihr? Wartet ab!) und gerade in Gefangenschaft bei besagtem bösen Overlord (Wieso fragt ihr? Woher soll ich das wissen!!!). Nachdem wir uns heldenhaft mit unserer Outlaw-Gruppe verdünnisiert haben, gilt es dem Overlord ein für alle Mal das Handwerk zu legen. Dazu benötigen wir allerdings eines … (menschliche) Hilfe.
[g-slider gid=“46044″ width=“100%“ height=“45%“]SCHIEßEN, BEFEHLEN, LEVELN... KENNEN WIR NOCH NICHT!
Nun zum wohl interessantesten Teil dieses Text-Blogs. Dem Genre-Mix. Ja Desintegration versucht dreierlei Genre unter einen Helm zu bekommen: Ego-Shooter, Echtzeitstrategie sowie Rollenspiel. Und wie immer ist die Rahmenbedingung: Mit Einschränkungen! Zur Erläuterung: Da Romer der beste Gravcycle-Pilot ist (JETZT versteht ihr!) ist derjenige der Gruppe, der mittels Gravcycle hoch über dem Boden schwebt, auf Gegner mit dicken Wummen schießt und die Befehle an die Bodeneinheiten (andere Outlaw-Teamkollegen) gibt, welche dann gehörig folgen. Mit diesem Hintergrund habt ihr bereits zwei der drei Genre ausfindig gemacht. Selber schießen, andere Befehligen. Soweit so gut. Nach getaner Mission sind wir zurück in unserer Basis und können das Gravcycle (im Übrigen ein größeres Motorrad-ähnliches Flugschiff, mit Kanonen bestückt) aufrüsten oder unsere Kollegen per Chip verbessern. Damit wären es drei! Verspricht doch eine großartige Kombi zu sein? Sehen wir uns das mal im Detail an…
Ja die Ego-Shooter-Komponente ist durchaus gut gelungen. Allerdings kann man hier nur bedingt etwas falsch machen. Wir schießen zu Beginn mit knausrigen Maschinenpistolen auf alles was sich bewegt und unsere Kollegen attackiert. Die Waffen lassen sich zwar upgraden jedoch nicht persönlich auswählen. Sie werden von Mission zu Mission fix ausgewählt. So kommen beispielsweise Sniper-Veteranen lediglich in einer Mission auf Ihre Kosten. Viel Innovatives gibt es bei der Steuerung hier nicht. Zoomen klappt wunderbar. Dies braucht man auch, da man (oder nur ich) durch die doch etwas größere Distanz zum Gegner kaum den Rayonne-Trooper vom Busch unterscheiden kann. Hier also lediglich Einschränkungen in der Waffenauswahl und der Steuerungs-Features.
Nun zum Strategie-Anteil. Jetzt wird es spannend! Pro Mission begleiten uns ein bis vier Outlaw-Kollegen am Boden, welche wir befehligen können. Die vier Steuerkreuztasten geben dabei vor, welcher Kollege gemeint ist. Die Interaktionen sind simple: Visiert man eine Deckung an und gibt den Befehl, geht der-/diejenige dort in Deckung. Visiert man einen Gegner an, wird dieser bevorzugt angegriffen. Wählt man eine Kiste oder Healing-Station aus … ach ich denke ihr habt es kapiert. Einfacher könnte das System nicht sein. Zugegeben, wir sind weit weg von XCOM oder Rome Total War, aber für einen derartigen Mix-Kuchen finde ich diese abgespeckte Version zum Einstieg ganz gut. Zumal ist die Gegner-KI nicht zimperlich und durchaus kriegsfähig. Jeder Outlaw hat zudem eine eigene Fähigkeit, kann Granaten-Werfen oder Gegner verlangsamen! Diese Fähigkeit lädt sich wieder auf und kann neben anderen Skills in der Basis aufgerüstet werden.
Nun zu den Einschränkungen in Sachen RPG: Ein gutes RPG macht für mich zwei Kernelemente aus: Zahlenbasiertes Level-/Verbesserungssystem und zumeist viel Geschichte. In beiden sticht Desintegration nicht unbedingt hervor. Je nach gefundenem Geld in der Mission und dessen Abschluss erhalten wir Budget für Verbesserungen in der Basis. Pro Charakter lassen sich einige wenige Eigenschaften verbessern. Gut gemacht, jedoch würden sich die RPG-Fans eindeutig mehr erwarten. Tiefgang bei der Geschichte und bei den Charakteren ist leider grob danebengegangen. Man kann zwar zwischen den Missionen mit besagtem Kollegium sprechen, außer ein paar witzige Sprüche und Herumgealber (welches sehr gut gelungen ist) kommt dabei aber nicht viel heraus. Schade eigentlich!
AUCH IN DER LUFT GIBT ES STEINE IM WEG...
Nun zu den offensichtlichen Steinen im Luftweg. Um eines klarzustellen: Berücksichtigt man, dass Desintegration das erste Werk der Entwickler ist, diese vermutlich ein knappes Budget hatten und dass gleich die heilige Dreifaltigkeit im Genre gewählt wurde, ist der Titel durchaus eine sehr gut gelungene Arbeit. Die Basics sitzen und wurden gut umgesetzt! Das Zerstören der Umwelt, die Umwelt selbst und die Interaktion der Truppen mit dieser ist gut gelungen. Mit hochrangigen AAA-Titel natürlich nur bedingt vergleichbar.
Wenn die Gegnerzahlen zu viel werden, geht die Bildrate leider tief in die Knie. Da dies mitunter häufig vorkommt ist es natürlich lästig. Die Vertonung war bei mir das größte Problem. Über lange Strecken hin waren keine Schritte, Schüsse, Raumschiff-Hyperspace-ähnliche-Geschwindigkeits-Geräusche zu vernehmen, was einen voluminösen SciFi-Titel zu Tante Emma’s Radio Lesestunde verwandelt. Gerade die futuristischen, basslastigen Nebengeräusche waren uns immer Freund in den Tiefen des Alls (ja ich weiß man hört im luftleeren Raum nichts … blöde Physik). Dieser Aspekt zerstörte für mich aber einen Großteil der Gesamt-Atmosphäre.