Ubisoft hält an seinen bekanntesten Reihen fest und denkt auch nicht im Traum daran Marken wie Assassins Creed, Rainbow Six oder Watchdogs in Rente zu schicken. So geht Far Cry nun auch schon in die sechste Runde, wenn man Far Cry Primal mitzählt. Dabei versuchen die Entwickler ähnlich wie bei Assassins Creed: Origins, neue Akzente zu setzen ohne die Grundrezeptur komplett über den Haufen zu werfen. So gilt es auch im fünften Teil der regulären Serie einen, von einem Psychopathen unterjochten Landstrich durch eine Rebellion von eben jenem zu befreien. Dabei war wohl im Vorfeld das spannendste Argument, um sich nochmal in die Mechaniken von Far Cry zu werfen, das neue Setting. Statt exotischen Orten wie eine ferne Insel, die Steinzeit oder der Himalaja, bleiben die Entwickler nun mitten in Amerika, einem fiktiven Landstrich namens Hope County, das von einem religiösen Fanatiker und seiner Sekte fest im Griff ist.
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Niemand kommt dich suchen[/perfectpullquote]
So startet die Geschichte mit einem Bundesmarshall und einem Sheriff, die gemeinsam mit euch als namenlosen, aber optisch – und geschlechtlich frei konfigurierbaren – Deputy dem Anführer Joseph Seed Handschellen anlegen wollen, und dies auch tun. Natürlich geht das gehörig in die Binsen und der Fanatiker kann entkommen. Nicht nur das, ihr werdet als Anfänger oder Rookie, wie ihr dauernd genannt werdet, auch noch vom Marshall und Sheriff, sowie einer weiteren Kollegin getrennt. So macht ihr euch nach diesem fett inszenierten Auftakt auf die Flucht aus dem Hubschrauber um einen ersten Feind zu überwältigen, gemeinsam mit dem wiedergefundenen Marshall über eine Autobahn zu brettern, nur um erneut getrennt zu werden und wieder in die Gewalt eines Fremden zu gelangen. Das alles aber nicht, ohne als Abschied von Jospeh die Worte „Niemand kommt dich retten“ zu erhalten, denn an der anderen Seite der Hubschrauber-Funke sitzt bei der Polizei ein gläubiges Schäfchen aus seiner Herde, das natürlich bekannt gibt, das alles in Ordnung sei. So seid ihr, weil zudem alle Funkverbindungen nach außen auch abgeschnitten sind, ziemlich auf euch alleine gestellt.
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Die vier Reiter der Apokalypse[/perfectpullquote]
Far Cry punktete schon in Teil 3 und 4 mit grandiosen, überzeichneten Antagonisten. Pagan Min und Vaas waren schon herrlich schräge Charaktere, Joseph kann dem Ganzen aber dann doch noch eins draufsetzen. Er und seine drei Geschwister, die sich Hope County aufteilen und separat, aber von Anfang an frei zugänglich, zurück erobert werden müssen, werden nun zu eurer Zielscheibe. Das geschieht in typischer Open World Manier über Haupt-, und Sidequests sowie bestimmte Punkte die man abarbeiten muss. Zerstören von Convoys, Silos und Kapellen oder einnehmen von Basen. Dafür gibt es stets Punkte, die bei einer gewissen Zahl auch Events triggern. So wird man immer mal wieder entführt, um auch den Antagonisten John, dem fanatischen Täufer, Jacob dem Krieger und Faith, der Drogenbraut und Intrigantin, sowie natürlich auch Chef Joseph die Möglichkeit zu geben, ihren Charakter zu prägen. Klar, kreuzt unser stummer und charakterlose Deputy da immer durch Zufall, Gewalt oder Hilfe immer wieder unseren Weg. Wir müssen uns aber nicht alleine Hope County stellen, denn auch dieses Mal gibt es einen Wiederstand, nur schließen wir uns dem nicht an, sondern bauen diesen von Grund auf selbst auf. Befreite Geiseln geben Quests, helfen im Kampf und bleiben in befreiten Örtchen als Wiederstandsgruppe.
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Mehr Spaß zu zweit[/perfectpullquote]
Manche befreiten Recken schließen sich einem an. Dafür gibt es drei Slots. Die Charaktere unterscheiden sich in Waffengattung (Scharfschütze, Panzerfaust, MG,…) und Fähigkeiten. Zu Beginn kann einer ausgewählt werden, der auch fleißig mitballert, im Auto mitfährt, mehr oder weniger lustige One-Liner raushaut und euch im Notfall auch wieder auf die Beine stellt. Leider agieren diese oft strunzdumm und versauen einem schon mal einen leisen Angriff auf die Basis. Dazu kommen noch neun Spezialisten, worunter sich auch Hunde und Bären befinden. Diese haben ganz spezielle Fähigkeiten und eignen sich etwas besser als Partner. Wem die immer noch zu dumm sind, der lädt einfach einen Freund ein oder sucht per Zufall einen realen Mitstreiter. Leider gibt es auch da einen Haken. Man kann zwar nun die komplette Story zu zweit spielen und nicht nur die paar Festungen aus Teil 4, dafür zählen die Errungenschaften nur für den Host, was ein zweites Durchspielen zur Folge hat, wenn man auch dem Freund seine Ziele gönnen möchte. Einzig Erfahrungspunkte, Geld und zahlreichen Waffen, sowie Gadgets (Granaten, C4, Dynamit,…), die man sogar selbst craften kann, bleiben beiden erhalten. Schade, denn in Ghost Recon: Wildlands hat das ja auch perfekt funktioniert. Spaß macht das Ganze aber auf jeden Fall trotzdem. Dazu kommt noch der Arcade Mode in dem Spieler sogar eigene Maps erstellen und zur Verfügung stellen können.
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Religion… und anderer Schabernack (…und täglich grüßt die Open World)[/perfectpullquote]
Womöglich leben die Kollegen noch und müssen gefunden oder gerettet werden, ein Wiederstand muss aufgebaut werden, die Speziallisten müssen Rekrutiert werden und generell steht das Wohl einer ganzen Gemeinde am Spiel. Also was tun? Klar, wir gehen an nen See und werfen die Angelrute ins Wasser. Es beißen keine Fische mehr? Na dann Bogen raus und im Wald Bären jagen. Langweilig? Dann werfen wir uns im Wingsuite von nem Berg. Höhenangst? Na dann fahren wir einfach ein Rennen. Vielleicht helfen wir einem armen Bauern ja auch sein Feld wieder zu bewässern…. Wir haben ja alle Zeit der Welt.
Naja irgendwann widmen wir uns vielleicht doch der Befreiung von Hope County, zerstören eben die genannten Ziele um Einflusspunkte und Erfahrung zu erhalten, die wiederrum in verschiedenste Upgrades und Fähigkeiten des Charakters investiert werden können. Diese dazu benötigten Punkte findet mal als Fähigkeitenhefte in Bunkern und Verstecken oder verdient man sich durch simple Herausforderungen wie Nahkampfkills, Kills mit verschiedenen Waffentypen, Angeln, Jagen und so weiter.
Far Cry macht dahingehend nichts wirklich neu, hat aber im Detail gefeilt, denn vieles fühlt sich weniger gezwungen und gestreckt an als zuvor. Die Quests sind halbwegs abwechslungsreich und es gibt immer genug zu tun, ohne das einem langweilig wird oder man sich denkt: „Och nö, nicht schon wieder“. So fallen die infamen Turmkletterpartien beispielsweise weg, denn die wichtigen Punkte werden stets von NPCs bei euch in Auftrag gegeben. Dazu kommen auch einige unterhaltsame und skurrile Charaktere auf der Wiederstandsseite, die das Geschehen auflockern.
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Sightseeing in Hope County[/perfectpullquote]
Erneut hat man sich in der Erstellung der Welt sehr viel Mühe gegeben. Das ländliche Hope County ist hübsch, mit vielen Details versehen und bietet abwechslungsreiche Gegenden. Hätte man es nicht dauernd mit Fanatikern zu tun, könnte man sich in seiner Rente im amerikanischen Idyll als Hobby-Angler und Jäger es sich wirklich gemütlich machen. Aber auch im Sound ist alles in Ordnung. Die Musik passt perfekt zum Setting und die Snychro ist – auch auf Deutsch – wieder aller erste Güte. Nur bei den Waffen- und Motorensounds hat man definitiv schon Besseres gehört.
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Alte und neue Probleme[/perfectpullquote]
Technisch kann man Far Cry 5 nichts vorwerfen, sieht man mal von der saudummen KI ab. Wer den Open World Mechaniken überdrüssig ist, der wird das Spiel sowieso nicht in die Finger nehmen, wer die Vorzüge davon mag, hat mit Far Cry 5 das wohl ausgewogenste Spiel der Serie, das aber auch einige Macken hat. Zum einen frustrierten mich vor allem zu Beginn die übertrieben häufigen Zufallsbegegnungen. Man kann keine 100 Meter mit einem Auto machen, ohne dass wieder irgendwo rundherum die Hölle losbricht. Das schadet auch oft den Missionen, denn am Weg dorthin starten Feuergefechte, die dann die Basis, die wir eigentlich leise infiltrieren wollten, natürlich aufmerksam machen. Und hier wieder; Wildlands machte das insofern richtig, da man dort in gegnerischen Fahrzeugen unentdeckt blieb, während man hier schon auf 5 KM Entfernung gegen den Wind gerochen wird.
Mein größtes Problem ist aber die Inkonsequenz der Geschichte. Die Sekten-Story verschenkt extrem viel Potential. Wie soll ich mit dem Hauptcharakter mitfiebern, wenn er/sie ein namenloser Niemand ist und keine Story besitzt? Zudem hätte man aus der düster anmutenden Geschichte ein perfektes Drama machen können, leider versaut man die Atmosphäre dann aber immer wieder mit Comic-Reliefs und unlustigen One-Linern, um das Spiel künstlich lustig zu machen. Das hätte man sich getrost für die schon angekündigten, und recht abgefahrenen DLCs aufsparen können.
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