Final Fantasy 16 | Test

Fans der Serie wissen, dass mit jedem Teil der legendären Serie von Square Enix das JRPG-Rad stets neu erfunden wird. Jedes Mal gibt es eine komplett neue Welt, neue Charaktere, eine originäre Story und viele neue Mechaniken, kombiniert mit alten Tugenden und Elementen, die stets für Nostalgie bzw. den Widererkennungswert sorgen. Der Einschnitt von FF XVI ist aber dieses Mal umso größer und könnte die Fangemeinde spalten. Und dennoch haben wir es hier wieder mit einem Meisterwerk zu tun, das für zig Stunden begeistert und die Spieler in eine wunderschön gestaltete Welt voller interessanter Charaktere, Geschichten und Schauplätze entführt.

Final Fantasy 16: Test
Das erste echte Action-RPG unter den Haupttiteln der Final Fantasy-Reihe.

A SONG OF FIRE AND FANTASY

Ok, kreativ ist das jetzt nicht gerade, dass man sich an Game Of Thrones oder The Witcher orientiert, doch der Schritt zurück in ein klassisches Mittelalter-Setting ohne die futuristischen Elemente wie Schusswaffen, Flugschiffe und abgefahrene Waffen, finde ich schon mal spannend. Natürlich gibt es in der Welt, die nicht nur durch Namen wie Götz, Cidolfus oder Joshua Rosfield recht westlich wirkt, weitere Anhaltspunkte. Dementsprechend sind die Burgen, Schlösser und generell der ganze Look weniger japanisch und düsterer als je zuvor. Außerdem ist FF XVI der mit Abstand brutalste Ableger bisher, denn hier spratzt das Blut literweise und auch vor expliziten Todesszenen wird hier kein Halt gemacht. Dennoch gibt es übergroße Menschen, phantastische Gegnertypen, die teils bekannt wie der Morbol, teils aber komplett neu sind und demnach passend ins Setting integriert wurden.

Wir begleiten zunächst einen sogenannten Träger, ein Sklave, der mit einem Mal im Gesicht gekennzeichnet wurde, weil er Magie ohne die mittlerweile schwindenden Magie-Kristalle verwenden kann. So werden diese ebenso wie die noch magiebegabteren Dominus für Intrigen, Machtspiele und weitere Untaten missbraucht. Unser Träger heißt Clive und kommt eigentlich aus edlem Hause, wie wir in einem Rückblick, der 13 Jahre zuvor stattfindet, bald erfahren. Auch wenn Clive erstgeborener des Königs ist, so fiel die Nachfolge auf seinen Jüngeren Bruder, weil dieser eben ein Dominus ist und so Kraft der Esper Phönix in sich trägt.

Diese Macht hat er aber zum Teil an Clive weitergegeben, was er als erstes Schwert des Thronfolgers auch braucht. Durch Verrat und einen Angriff eines überaus mächtigen anderen Feuerwesens, das optisch zu Begin an Ifrit denken lässt, fällt das Königreich und Clive überlebt nur knapp und schockiert. Die erwähnten dreizehn Jahre später erleben wir einen von Hass zerfressenen Sklaven und Söldner, der andere Magiebegabte jagt um den Dominus, der einst sein Leben zerstörte, zu finden, um seinen Blutdurst zu stillen.

Dass die Story dann durch zahlreiche Königreiche, machthungrige Charaktere und die genannten Intrigen recht komplex ausgefallen ist und mit Twists und Turns nicht spart, ist natürlich Geschmackssache und fordert dieses Mal viel Aufmerksamkeit. Aber als wären die Menschen nicht übel genug, schlägt sich das Land noch mit einem anderen Problem herum. Die riesigen Machtkristalle gehen zur Neige und entziehen dem Land auch noch sämtliche Energie, wodurch eine Art Pest wütet und ganze Landstriche ausrottet. Aus diesem Grund werden immer wieder Kriege um die noch lebenswerten Regionen gefochten. Und mittendrin steht ein Anti-Held, der eigentlich nur seine Rache haben will, aber auf seinem Weg doch ganz andere Abenteuer, Aufgaben und Herausforderungen erlebt.

VOM JRPG ZUM ACTION-SCHNÄTZLER

Wie schon erwähnt, ist Teil 16 einer der mutigsten der Geschichte. Klar, der Vorgänger mit seiner Open-World und action-lastigeren Ausrichtung war schon ein großer Schritt weg von den rundenbasierten Kämpfen und auch FF 7 Remake ging diesen Weg, doch was hier geliefert wird, entfernt sich noch einen guten Schritt weg vom traditionellen Rollenspiel und lässt im Kampfsystem nicht selten an Spiele wie Devil May Cry denken. Statt Taktik, Elemente und Zustandsveränderungen, geht es hier dieses Mal um Combos.

Debuffs wie „Stein“, „Hast“ oder „Blind“ sucht man hier vergebens. Und auch wenn Clive das Element Feuer beherrscht und im Laufe der Story auch weitere Elemente in sein Magie-Repertoire aufnimmt, so ist dieses Mal statt Taktik viel mehr der Reflex gefordert. Spielt man im Story-Modus und legt als Ringe die Kampf-Vereinfachungen an, dann kann das schon in stupidem Button-Smashing ausarten, beschäftigt man sich aber mit dem Kampfsystem, dann kann man sich das Leben auch anders vereinfachen. Perfektes ausweichen, parieren und kontern mit richtigem Timing, die Kombination aus Fern- und Nahkampf sowie die Esper-Fähigkeiten nötigen einem schon Übung und Übersicht ab. Aber auch im Action-Modus waren Tode vor allem in den ersten zwei Drittel des Spiels äußerst selten der Fall.

Dennoch merkt man, dass man mit der richtigen Kombi aus Fähigkeiten und Combos die Gegner leichter und schneller in die Knie zwingt. Spannend wird es, wenn man mehr Esper-Fähigkeiten eingesammelt hat, denn dann kann man drei davon ausrüsten und wild kombinieren. Diese verleihen verschiedene Fähigkeiten, die mächtig sind, cool aussehen und einen Cool-Down haben. Davon kann man aber stets nur zwei ausrüsten, bzw. hat einen dritten fix zugeteilt je nach Element. Zudem haben Gegner eine Willenskraft, die gebrochen werden kann. Teilt man genug Schaden aus, gehen diese also dann in die Knie und erhalten noch mehr Schaden für einen kurzen Zeitraum.

Neu im Kampf sind dann auch sogenannten Cinematic-Events. Mitten im Kampf entstehen geplante, aber doch spontan wirkende Cut-Scenes mit coolen Moves der Kontrahenten, bei denen recht einfach Quicktime-Events getriggered werden. Nicht sonderlich herausfordernd, aber optisch stets eine Augenweide. Aber vor allem die bombastischen Esper-Kämpfer sind echte Highlights des Spiels. Bei größeren Kämpfen mit vielen Teilnehmern und den Effekten, kann die Übersichtlichkeit etwas leiden, ebenso wie eben die Taktik.

LOOTEN, CRAFTEN, LEVELN

Auch in diesen drei Kategorien hat sich viel geändert bzw. wurde alles etwas schlanker gestaltet. Zu looten gibt es eigentlich nur Heiltränke, ein paar wenige Buffs und Accessoires wie Ringe, Armreife oder neue Schwerter für Clive. Vieles davon kann bzw. muss man im späteren Verlauf dann bei einem Schmied anfertigen lassen, was wie eine ganz einfache Version von Monster Hunter wirkt, was auch daran liegt, dass die Basis von Cid und seiner kleinen Rebellen-Schar, die die Sklaverei bekämpft, auch optisch daran erinnert. Die Waffen haben dabei eigentlich nur einen Wert, also Angriff, während Ringe und Co. dann doch auch kreativere Boni bieten.

Wie gehabt, kann man sein Level durch Kämpfe, aber auch Haupt- und Nebenquests erhöhen. Mit jedem Level-Up gibt es einen Bonus auf Angriff, Verteidigung, Leben usw., außerdem werden mit jedem besiegten Gegner Punkte gesammelt, mit denen man neue Esper-Fertigkeiten erlenen und diese auch noch meistern kann. Diese können dann im Kampf gekonnt kombiniert werden. So schmeißt man einen aufgeladenen Feuerball auf Gegner, versucht mit dem Wind-Element selbige zu sich herzuziehen und friert nervige Kunden einfach ein, um diese dann mit dem Schwert zu Klump zu hauen. Minispiele oder dergleichen gibt es diese Mal keine, dafür aber recht stupide Nebequests, denn bei denen geht man von A nach B und zurück, gibt irgendwas ab, haut irgendwelche Monster zu klump oder trägt einfach mal Essen oder andere Sinnlosigkeiten aus. Schade, denn da hat man früher schon mehr Kreativität an den Tag gelegt. Die Belohnungen dafür sind auch überschaubar, aber zumindest erfährt man dabei viele Interessante Dinge über die Welt und deren Bewohner, weshalb sich die Nebenquests dann doch lohnen.

VON FREUNDEN UND FEINDEN

Nicht nur böse Herrscher und deren Armeen sind ein Problem in dieser Welt, auch die erwähnten Esper, die monströsen Wesen mit enormer Macht sind ein überaus großes Thema, da diese wichtige Instrumente der Macht darstellen. Dahinterstehen aber immer Menschen mit tragischen Geschichten, wie eben Clives Bruder, die Shiva beherrschende Jill oder eben dieser ominöse Feuer-Dominus, den unser Held ausfindig machen möchte. Wie bereits erwähnt, zieht Clive nicht allein in die Schlacht und hat immer wieder fähige Mitstreiter wie den charismatischen Cid an seiner Seite. Neu ist dabei, dass man absolut nichts mit diesen Hauptcharakteren machen kann. Diese kämpfen autark, haben kein Skill-System und können auch nicht mit Equipment ausgerüstet werden. Gesteuert oder befehligt werden, können diese leider ebenso wenig. Einzig Riesen-Wolf Torgal, den Clive als Welpe hatte und dann 13 Jahre nach dem Fall seines Königreichs wieder trifft, kann mit Tastendruck zum Angreifen oder Heilen bewegt werden. Außerdem levelt dieser auf seine eigene Weise mit.

Auch wenn die weiteren Charaktere neben des Hauptprotagonisten aus spielerischer Sicht recht egal sind, so ist deren Geschichte, Hintergrund und Handeln absolut erlebenswert. Jeder Protagonist hat seine Story, die traurig und rührend erscheint. Und so lohnt es sich auch in Cut-Scenes einfach mal auf „Pause“ zu drücken, um über das Menü Infos über gerade anwesende Helden, Feinde und Schauplätze nachzulesen. Aber auch die Feinde sind komplex und interessant und so berührt auch das Schicksal verschiedenere Widersacher und deren Schicksal, mit dem Clive oft nicht zimperlich umgeht.

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EPIC, DRAMA UND BOMBAST

Neben den bombastischen und genial inszenierten Kämpfen gibt es auch wieder zahlreiche Cut-Scenes die in Atem halten können. Auch hier geizt man nicht mit Pathos, Kitsch und opulenten Szenen. Aber auch im regulären Gameplay, musste ich immer wieder stehenbleiben und die Umgebung bestaunen. Auch wenn man von der Open-World wieder weggekommen ist, gibt es oft eine enorme Weitsicht wie übertrieben opulente Burgen, die einem Elden Ring in fast nichts nachstehen. Entdecker-Herzen bekommen aber auch immer wieder mal größere Open-Hubs, die man auch mit den geliebten Chocobos erkunden kann.

Dort entdeckt man vorrangig Loot-Zeug und Nebenquests, die auch schon mal in optionale Boss-Kämpfe münden können. Zu tun und entdecken gibt es also auch hier genug um 60 Stunden bei der Stange gehalten zu werden. Und wer ein Final Fantasy gespielt hat, weiß, dass auch hier in Sachen Synchro, die sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch sehr gelungen ist, alles stimmt. Wer gern RPGs in Japanisch spielt, wird auch hier nicht enttäuscht. Über den Soundtrack von Final Fantasy braucht man auch dieses Mal definitiv nicht streiten, denn der ist wieder grandios und bietet sowohl alte und wohlig bekannte Töne, wie auch neue Ideen, die Hollywood-Produktionen in nichts nachstehen und thematisch an das Setting angepasst wurden.

FAZIT

PRO

  • Bombastische Kämpfe
  • Interessante Charaktere
  • Komplexe Geschichte auf mehreren Zeitebenen
  • Imposante Spielwelt
  • Fette Esper-Kämpfe
  • Guter Kampf-Flow
  • Genialer Soundtrack
  • Praktisches Glossar über Charaktere und Welt
  • Brutale und mutige Inszenierung
  • Old-School Grafiken in den Menüs versteckt

KONTRA

  • Etwas zu einfaches Kampfsystem
  • Stupide Nebenquests
  • Kaum mehr RPG-Elemente
  • Story gerät immer mal wieder in Stocken
  • Etwas zu nahe bzw. offensichtlich an Game Of Thrones angelehnt
  • Nebencharaktere können nicht gesteuert oder sonst irgendwie angepasst werden
  • Für Fans des traditionellen Final Fantasy etwas gewöhnungsbedürftig
  • Unnötige Quicktime Evens
  • Nicht alle Dialoge vertont
9.2

Must Have

Gameplay - 8.8
Grafik - 9.3
Sound - 9.5
Inhalt - 9
Atmosphäre - 9.4
Heavy Music, schnelle Bikes und Sport sowieso – da ich auch im Jahre des Herren 1986 geboren wurde und da auch der NES in Europa das Licht erblickte, war die Konsequenz des Zockens logisch. Da ich auch an verbaler Inkontinenz leide, sind PixelCritics sowie earshot.at perfekte Orte um mein Interesse am Journalismus auszuleben.
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