Mit FlatOut 4: Total Insanity bringt Publisher Bigben Interactive einen erneuten Versuch die bereits in Verruf geratene FlatOut-Serie aus dem Dreck zu ziehen. Irrwitzige fahrbare Untersätze, gepaart mit diversen Waffen und dazu ein Haufen verrückter digitaler Fahrer klingen eingangs vielversprechend. Ob der FlatOut-Karren dadurch wirklich wieder an Land gezogen werden kann, lest ihr im nachfolgenden Review.
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Durch Matsch und über Stein…[/perfectpullquote]
Ja es ist wieder einmal so weit. Persönlich habe ich die bisherigen FlatOut-Titel immer gemieden. Die in der Fachpresse zerrissenen Ableger konnten namhafteren Titeln wie Blur, Burnout oder Destruction Derby bislang nie das Wasser reichen. Ob sich dies mit Titel Nummer 4 zum Besseren wendet? Naja ich bin skeptisch … Aber blicken wir der Schrottkarre einmal unter die Haube, vielleicht verbirgt sich ja doch ein geheimer 12-Zylinder darunter.
Zunächst lässt FlatOut 4: Total Insanity nichts missen. Wir brettern in altbekannter Marnier über Stock, Stein, Metall, Wüstensand und zu guter Letzt auch über Asphalt. Ziel ist wie in ach so vielen Rennspielen einen Platz auf dem Podest zu ergattern. Innerhalb der Karriere von FlatOut 4: Total Insanity beschreibt dieser Ablauf so ziemlich das gesamte Spielziel. Im Unterschied zu bisherigen Simulationstiteln auf der Konsole, setzt FlatOut jedoch auf deutlich mehr Blechgewalt und Waffeneinsatz. Crashs sind nicht nur erlaubt, sondern explizit gewünscht und notwendig um an die Spitze des Rennfeldes zu gelangen. Dabei geht dieser Rennbolide mit außergewöhnlichen Rennstrecken an den Start. Wir heizen durch Wälder und Wüsten, Industrieanlagen, Gebirge, auf Schrottplätzen und durch verlassene Dörfer – definitiv Rennstrecken, die nicht dafür gedacht sind. Dabei bleibt wortwörtlich kein Stein auf dem anderen, oder Haus stehen, oder Kaktus an seinem Platz. So ziemlich alles auf der Rennstrecke ist in irgendeiner Art und Weise zerstörbar. Manchmal recht eindrucksvoll und manchmal ziemlich plump. So fliegen die Zaunelemente einer Ranch quer durch die Gegend, während auf der anderen Seite eine Häuserfront einfach in einem Stück umfällt. Dafür hat die Programmierleistung dann wohl doch nicht gereicht.
Auch das Schadensmodel der Fahrzeuge ist eher notgedrungen einprogrammiert worden. Die ohnehin schon recht hinüber wirkenden Fahrzeuge verbeulen lediglich nur noch mehr als ohnehin schon Bestand ist. Es platzen keine Autoteile ab oder hängen gar herunter, was dem derzeitigen Schadensmodell-Standard auf High-End-Konsolen entspräche. Schade! Hier vergibt FlatOut 4: Total Insanity viel Potential.
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Bis die Gummi-Socken qualmen![/perfectpullquote]
Die Rennstrecken an sich sind interessant gestaltet und abwechslungsreich. Man findet immer wieder Abkürzungen und kennt sich zu Beginn auf der Strecke kaum aus. Die eingeplanten Wege gehen zum Teil durch ganze Häuser oder Scheunen bzw. zwischen riesigen Silos vorbei auf Ölleitungsrohren entlang und schlussendlich wieder auf Asphalt. Für Abwechslung ist hier gesorgt.
Innerhalb des Karriere-Modus müssen wir uns, wie üblich, von ganz unten nach oben arbeiten. Wir leisten uns den ersten Wagen, für welchen ich persönlich real nicht den genannten Preis zahlen würde und schmeißen uns gleich auf die Rennstrecke, um zunächst mal richtig auf die Fresse zu bekommen! Tatsächlich braucht FlatOut 4: Total Insanity eine lange Eingewöhnungsphase. Der Frustfaktor ist kurz nach dem Einstieg immens hoch. Es gibt auf den Rennstrecken genug Ecken und Kanten um daran hängen zu bleiben, Abzweiger in die Pampa, fiese Kurven aus denen man herauskatapultiert wird und Fahrwege mit deutlicher Absturzgefahr. Oftmals reicht der kleinste Anstoß eines Konkurrenten und man segelt bereits durch die Gegend. Gerade in einer hitzigen Rennrunde kann dies die innere Frustgrenze stark strapazieren. Bei mir hätte öfters beinahe der Controller den Bildschirm geküsst, natürlich „unabsichtlich“.
Hat man jedoch das Handling und das aggressive Verhalten der Gegner angenommen, spielt sich FlatOut 4 um einiges besser. Es passiert dennoch hin und wieder, dass genau in der letzten Runde ein Verfolger exakt den richtigen Zeitpunkt abpasst und mit einem minimalen Stupser das eigene Auto in die Botanik katapultiert. Das Gemeine an der Sache ist die Rücksetzfunktion, welche erst erscheint, wenn man am Dach liegt oder abseits der Piste landet. Dreht der Mitstreiter einen hingegen um 180°, muss man mühsam reversieren und verliert extrem viel Zeit. Die automatische Retoursetzung erscheint in diesem Fall nicht. Man muss praktisch mitansehen, wie elf Kollegen ohne größere Mühe an einem vorbeidonnern und man schlichtweg nichts dagegen machen kann. Ich brauche wohl nicht extra erwähnen wie frustrierend das ist. Relativ oft hängt der Sieg oder die totale Niederlage schlichtweg vom Glück ab. Eine Bodenwelle trennt hier nicht selten den letzten vom ersten Platz.
Der Spielumfang erscheint mir in den wenigen Spielstunden die ich ableisten durfte recht umfangreich. In der Kampagne sind ausreichend Strecken und Events vorhanden um den Spieler längere Zeit vor den Fernseher zu bannen. Die Tatsache, dass jedes Rennen zumindest mit einem dritten Platz zu absolvieren ist, hebt den Schwierigkeitsgrad doch um einiges an und man ist gezwungen, viele Rennen erneut zu spielen. Das gewonnene Preisgeld, kann in die freigeschalteten Autos investiert werden. So können klassischerweise Motor, Getriebe, Bremse, Auspuff, Bereifung und Turbo verbessert werden. Allerdings hat dies leider keinen optischen Einfluss auf die Automobile. Schrott bleiben sie optisch allemal. Zwischen einigen Rennen ist man gezwungen dies durchzuführen, da man sonst schlichtweg keine Chance hat sich an die Spitze durchzusetzen. Die Verbesserungen sind leistungsbezogen oder rein optisch. So können die Autos in irrwitzigen Motiven lackiert werden, mit absurden Hupen ausgestattet werden oder der Auspuff-Auswurf verändert werden. Bei Letzterem kommen aus dem Endrohr neben beeindruckenden Flammen unter anderem Luftblasen, Warp-Strahlungswellen oder schlichtweg Geld geflogen. Witziger Gimmick, jedoch für das Gameplay irrelevant.
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Totalschaden? Ist doch nur eine Delle![/perfectpullquote]
FlatOut 4: Total Insanity kommt mit mehreren Spielmodi daher. Neben der bereits geschilderten Karriere gibt es auch den sogenannten FlatOut-Modus. Hier können die Fahrer ihr Können in, nennen wir es „alternativen“ Rennmodi, unter Beweis stellen. Im Event Stunt muss der Fahrer auf einer fiktiven Strecke oder einer Rampe so aus dem Auto katapultiert werden, dass er beispielsweise Hindernisse abräumt, Bowling-Kegel umwirft oder in überdimensionale Golfkurse ein Hole-In-One schafft. Wir bestimmen hier durch Tastendruck den Abflugwinkel des Fahrers. Witzige Idee, welche allerdings schnell langweilig wird und kaum etwas mit dem Rennkonzept zu tun hat. Im Deathmatch treten die Fahrer in riesigen Arenen an, um sich gegenseitig die Autokante zu geben. Wer den anderen Wagen schrottet erhält Punkte. Hier werden Goodies platziert, mit welchen wir mehr Rammschaden verursachen, uns reparieren oder die Gegner kurzzeitig verlangsamen. Wer nach Ablauf der Zeitspanne die meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt die Runde. Nicht gerade innovativ aber eine Abwechslung zum bisherigen Geschwindigkeitsrausch. Zuletzt gibt es auch noch Bombenrennen, in denen man von Checkpoint zu Checkpoint heizt, bevor die Zeit abläuft. Läuft die Zeit dennoch ab, fliegt unser 4WDler in die Luft.
Abwechslungsreicher gestaltet sich ein schnelles Spiel, hier können neben der eigenen Karosse auch Waffen eingesetzt werden. Man greift dabei auf das gleiche Waffenarsenal wie bereits in Mario Kart vor etlichen Jahren zurück. Es ist nicht wirklich etwas Neues dabei. Man sammelt die Waffen aber entgegen den genannten Titeln nicht beim Fahren auf, sondern besitzt diese von Anfang an. Nach Verwendung haben diese eine gewisse Abklingzeit, bevor man sie erneut einsetzen kann. Wieso diese „Helferchen“ im normalen Karrieremodus nicht verfügbar sind, wissen nur die Entwickler. Schade, dass hätte dem ganzen noch etwas mehr Pepp gegeben.
FlatOut 4: Total Insanity fährt den Wagen definitiv nicht gegen die Wand. Einige, jedoch bereits bekannte Spielelemente, machen durchaus Spaß. Die Innovationsgrenzen werden jedoch nicht angerührt. Wenn man den hohen Frustfaktor zu Beginn erst mal überwunden hat, kann das Speil durchaus begeistern. Mehr als kurzweilige Begeisterung wird allerdings nicht aufkommen. Die Rennaction ist durchaus optisch anregend, die Strecken interessant, die Boliden irrwitzig und die Tuningmöglichkeiten noch absurder. Bei diesem Game erwartet euch Action für Zwischendurch. Ist einem das den Preis nicht wert, lasst die Finger davon! Der vierte Teil der langjährigen Rennpleite setzt zumindest einen Reifen wieder auf trockenen Boden. Vielleicht erleben wir demnächst ja noch einen neuen Aufschwung der Serie. Neben Simulations-Schwergewichtern wie GT, Forza oder Driveclub bietet FlatOut durchaus Abwechslung. Jedoch würde ich hier persönlich Burnout, Blur und Motorstorm bevorzugen.