Hell Architect | Test

Hell Architect ist ein liebevoll gestaltetes, mit sadistischen Humor versehenes Aufbauspiel, das leider im Langzeit-Spaß-Check zur Gänze versagt...

Hell Architect stammt aus dem in Polen niedergelassenen Entwicklerstudio Woodland Games und wird von Leonardo Interactive gepublisht. Das Polen großartige Spiele veröffentlichen kann, dass wissen wir alle nur zu gut (CD Projekt RED). Auch der Blick auf die Internetseite der Entwickler lässt auf Großartiges hoffen: “We pay attention to every detail of our games, from graphics to gameplay – Woodland Games (About Us)”. Das am 18. August veröffentlichte Spiel kann den ersten Teil des Versprechens auch halten, die Grafik, so viel verrate ich schon einmal, ist dem Entwicklerteam wirklich sehr gut gelungen.

Das Gameplay auf der anderen Seite … um es nett auszudrücken, ist auf lange Sicht gesehen eher ein Griff ins Klo. Vor allem haben wir den Testbericht erst sehr spät nach Release angesetzt, es wäre also noch jede Menge Zeit für den ein oder anderen Patch gewesen, aber OK, Step by Step. Was Hell Architect genial macht und definitiv für einen Kauf auszeichnet und was dagegen eher für die Empfehlung, das Game im Regal stehen zu lassen oder auf den nächsten Sale zu warten spricht, erfährst du wie immer hier bei uns.

Gestalte eine Hölle deiner Träume

DER TELOS DES SPIELS...

… ist in ein paar Worten erklärt: Du baust und verwaltest deine eigene Hölle. Beim Startup des Games bekommt man zusätzlich einen kurzen Einblick in die Story von Hell Architect. Luzifer persönlich stellt uns nämlich als seinen neuen Baumeister der Feuerwelt ein und wir haben die Aufgaben, eine Unterwelt zu kreieren, die sogar den gefallenen Engel höchstpersönlich vom Hocker haut. Für uns stehen momentan zwei Modi zur Verfügung: Sandbox und eine Art Story Modus. Die Entwickler geben auf der Steam Seite an, sie seien von Titeln wie Dungeon Keeper, Oxygen Not Included und Prison Architect inspiriert worden. Kenner dieser Namen wissen also, dass es in Hell Architect nicht nur um das Quälen der Verdammten gehen kann, sondern auch ein Ressourcen-Management-System gepaart mit einem Aufbaumechanismus im Hintergrund mitläuft und es gilt, dass wir die Bedürfnisse unserer Knechte erfüllen und zugleich Ressourcen aufbauen müssen, welche wir dann verwenden können. 

Die Ressourcen, welche wir zum Bauen verwenden sind Metal, Dirt, Coal, sowie blue und green Crystals. Um diesem System den höllischen Feinschliff zu geben, kommen noch die Werte Suffering und Essence hinzu. Für die zuerst genannten materiellen Verbrauchsgüter muss man lediglich seine Umwelt abbauen. Nur für die Kristalle muss zuvor ein bestimmtes Gebäude gebaut und einmal geupgradet werden, damit man dieses Gut auch verwerten kann.

Suffering wird durch das Foltern und Quälen der Höllenbewohner generiert. Hierbei hat jeder der Sündiger einen speziellen Trade wie zum Beispiel “Blood”. Steckt man nun einen dieser Minions in eine Foltermaschine, die auf Blood-Folter spezialisiert ist, bekommt man einen Bonus wie zB 100% Suffering je Zyklus. Die Höhe des Wertes, welchen wir in einem Zyklus generieren, hängt zusätzlich vom Level und der Art der Foltermaschine ab. Um bessere Geräte zu bauen, muss man diese natürlich zuerst im Austausch gegen die grünen Kristalle erforschen.

Um Essence zu generieren, muss man einen bereits Verstorbenen erneut den Garaus machen. Je höher sein Zufriedenheit ist, desto höher auch die gewonnene Essenz nach dessen Ableben. Im Gegensatz zur nützlichen Verwertung eines Lebens kann das potenzielle Opfer auch von selbst sterben, wenn es zum Beispiel verhungert (ja, das geht) oder durch permanente Folter wahnsinnig wird. Ein doppelt Verstorbener kommt in den Limbo mit der richtigen Menge an Suffering kann man seinen Diener jedoch wieder frei kaufen und erneut zur Knechtschaft verdonnern.

HÖLLISCH GUT AUSSEHEN

Bevor wir zu dem bereits angekündigten ABER kommen, möchte ich noch die grandios gelungene Grafik sowie die Atmosphäre von Hell Architect loben. Die kleinen Minions, welche man entweder zensiert oder nackt herumlaufen lassen kann, sind einfach nur putzig anzusehen und alleine die Folter-Animationen oder aber wie sie sich selbst quälen, währenddessen sie aus ihren eigenen Ausscheidungen Nahrung zaubern, ist göttlich. Auch die Gebäude und Geräte sind ausgezeichnet gelungen und man sieht sich nur zu gern jedes dieser Bauwerke genauer an. Das einzige Problem, was hoffentlich mit einem Patch noch gelöst werden kann, ist, dass das Spiel wahnsinnig Hardware-Hungrig ist. Sogar meine RX 6800 XT kommt bei einer gut bepackten Welt ins Schwitzen. Das zeigt sich dadurch, dass es immer wieder mal Mikroruckler gibt, offenbar durch das gleichzeitige Abschließen mehrerer Zyklen. 

Die Entwickler haben sich nicht mit einer Herstellungsart für Nahrung oder Getränke begnügt, sondern die Palette reicht von Kaffee über Bier bis hin zu göttlichem Essen. Dieses Konzept der Vielfalt findet sich in allen Ebenen des Spiels wieder, so gibt es auch verschiedene Arten, um für Ruhe und Entspannung zu sorgen, damit die Verdammten nach einer guten Mütze Schlaf ihrem Tagwerk wieder nachgehen können und nicht durch Erschöpfung tot umfallen.

Ein Feature wäre noch genial gewesen: Und zwar eine Art Background Story oder der Zugriff auf den Akt jedes Minions, in welchen man nachschlagen kann, warum dieser gestorben ist, weshalb er nicht durch die Himmelspforten schreiten durfte und vielleicht noch ein paar Hardfacts zu jeder Person.

UND PLÖTZLICH WIRD ALLES LANGWEILIG

So gut wie alles bis jetzt klingen mag, war es plötzlich aus. Das Spiel lässt sich am einfachsten mit einer Pizza vergleichen: Man isst genüsslich vor sich hin, ist bei jedem Bissen von Neuem überrascht, wie gut alles nicht schmeckt und wie sorgfältig die einzelnen Zutaten ausgesucht wurden. Und plötzlich blickt man gierig nach dem zweiten Stück hinunter, möchte bereits zugreifen und plötzlich nimmt dir der Kellner das Teller weg, wirft seinen Kopf in den Nacken und läuft lachend wie Satan höchstpersönlich mit deiner Pizza davon.

Nach dem man das System einmal verstanden, alle wichtigen Gebäude gebaut und nun bereit ist, in die Tiefe des Spiels vorzustoßen, ist es einfach aus. Es fehlt unter anderem ein vernünftiges Management-System, mit welchen man zum Beispiel Diener einstellen kann, welche die Geknechteten noch weiter antreiben oder aber detailliert Aufgaben verteilen und verwalten kann. Man kann zwar seine Untergebenen nach Prioritäten Aufgaben zuteilen, dass heißt Minion A baut primär ab, währenddessen Minion B hauptsächlich am Kochen ist, aber mehr auch nicht. Man kann keine Prozessketten einrichten, nichts automatisieren, es fehlen Gebäude, welche nach längeren Zeit des Spielens das Abbauen erleichtern oder zur Gänze abnehmen und das Schlimmste von allen, man schafft es in wenigen Stunden eine ganze Map abzubauen und ist dann mehr oder weniger einfach fertig mit seinem Sandboxgame. Keine Tiefe, keine Komplexität. Man könnte Abwasserschächte bauen, Versorgungsketten bilden, automatisierte Foltermaschinen und Industrien errichten und noch viel mehr. 

Die Entwickler können sich zwar Oxygen Not Included als Vorbild genommen haben, aber da, wo dieses Spiel an Tiefe und Fahrt aufnimmt, ist Hell Architect einfach am Ende. Noch dazu gibt es keine Herausforderung oder coole Gadgets/Ziele, welche es zu erreichen gilt. Langzeitmotivation? Fehlanzeige. Oder vielleicht doch nicht?

HOFFNUNG AM ENDE DES TUNNELS??

Ich habe die Bewertungssektion von Steam etwas durchforstet und habe mir ähnlichen Unmut von Spielern durchgelesen und war positiv überrascht. Das Entwicklerteam hat so ziemlich überall eine Antwort hinterlassen und auch am 10. September ein Statement veröffentlicht mit einer Vorschau für die Zukunft. Anscheinend hat die Kritik gefruchtet und die Entwickler wollen folgende Sachen implementieren bzw. umsetzen: 

  • Zufällige Spielevents
  • ein Perk System
  • Sandbox wird Hell Architect Mode
  • Ein neues Hauptmenü
  • es kommt eine Mac Version 
  • Es soll neue Legenden geben 
  • Neue Musik 
  • und ein Balancing der Kosten

Unsere Wertung steht für das Erste einmal fest. Sobald das Update veröffentlicht wurde und es an der Wertung rütteln sollte, werden wir selbstverständlich ein Follow-Up veröffentlichen! 

FAZIT

PRO

  • Liebevolle Grafik
  • Interessantes Setting
  • Intuitive Steuerung
  • Sadistischer Humor
  • Gut gelungene Ressourcen

KONTRA

  • Zu wenig Inhalt
  • Hardware Hungrig
  • Viel zu kleine Maps
  • Keine Komplexität
  • Unübersichtliches Diener Management
  • Keine Herausforderungen
  • Kein Belohnungssystem
  • Langweiliges Grinden
  • Kaum Langzeitmotivation
6.7

Ausbaufähig

Gameplay - 5.8
Grafik - 8.1
Sound - 7.1
Inhalt - 4.5
Atmosphäre - 8
Ich bin ein Nerd aus Leidenschaft, spiele von Shooter bis hin zu Jump & Run Games und habe ein Herz für schönes Story-Telling. Kann den Hype um Spiele wie Battlefield und Co. nicht verstehen, konnte über ein ganzes Jahr Spielzeit in World of Warcraft erreichen bevor es seinen Reiz verlor. Momentan bin ich auf der Suche nach spannenden und herausfordernden Spielen welche es zu bezwingen gilt!
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