Life is Strange: Before the Storm | Test

Ist Life is Strange ein würdiges Prequel oder doch nur eine langweilige Vorgeschichte?

Der Erfolgsklassiker Life is Strange, das 2015 auf den Markt kam, schlug unerwartet ein wie eine Bombe. Mit einer grandiosen Story, wo Emotionen nur so aus dem Spieler heraus sprudelten machten sich die französischen Entwickler Dontnod international einen Namen. August 2017 erschien das Prequel Life is Strange: Before the Storm, das zwar erneut von Square Enix veröffentlicht wurde, jedoch ein anderes Entwicklerteam dafür zuständig war. Deck Nine erzählt uns nun die emotionale Geschichte von Chloe Price, was sie danach alles erlebt hat, als ihre beste Freundin Max sie verlassen hatte und wie sie Rachel Amber, die das Hauptmerkmal im Originalwerk war, kennengelernt hat. Schaffen es die neuen Entwickler eine interessante Story zu kreieren, dessen Ausgang schon längst klar ist?

Life Is Strange: Before The Storm - Review Header

Ein ausgezeichneter Höhenflug voller Emotionen.

 

[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Probleme eines Teenagers[/perfectpullquote]

Chloe Price – eine wahre Rebellin schlecht hin: schleicht sich heimlich auf Rockkonzerte, schwänzt die Schule und handelt offenbar auch noch mit Drogen. Darf ich vorstellen, das ist unsere Hauptprotagonistin, das genaue Gegenteil von Max Caulfield, die wir in Life is Strange steuern durften. Wir beginnen unsere Reise 3 Jahre vor Max‘ Rückkehr, wo wir selbst noch eine Schülerin der Blackwell Acadamy in der fiktiven Stadt Arcadia Bay sind. Verlassen von der besten Freundin muss sich Chloe bereits mit einigen Problemen herumschlagen. Zum einen ist ihr Vater bei einem Autounfall ums Leben gekommen, zum anderen hat ihre Mutter einen neuen Freund, den ehemaligen Kriegsveteranen David Madsen, der auch schon bald mit beiden unter einem Dach wohnen wird. Natürlich sieht Chloe ihn keinesfalls als neuen Stiefvater an und wehrt sich mit allen Mitteln dagegen mit ihm klar zu kommen, denn in ihren Augen ist er nichts weiter als ein gescheiterter Offizier, der nicht das Recht hat den Platz ihres Vaters einzunehmen. Mit ihrem vorlauten Mundwerk versucht sie ihn loszuwerden, beißt jedoch auf Granit, denn wie wir aus dem Original bereits wissen, bleibt David ein fester Bestand im Haushalt. Ständige Streitereien mit ihrer Mutter bleiben da nicht aus und so muss sie sich alleine durch all die Probleme und Hindernisse selbst durchquälen. Da Chloe nur schwer zugänglich ist hat sie auch kaum Freunde und den einzigen Halt den sie findet ist ihr persönliches Tagebuch, das sie in Form von Briefen an Max führt. Hier erkennt man, wie zerbrochen sie wirklich ist und ihr toughes Auftreten nur eine Fassade ist.

[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Graffiti statt Polaroid[/perfectpullquote]

Anders als in Life is Strange haben wir mit Chloe keine Superkräfte und können die Zeit nicht zurückdrehen. Aber um nicht gänzlich auf Interaktionen im Spiel zu verzichten, setzen die Entwickler stattdessen auf Chloes vorlautes Mundwerk, indem die Spieler „Widerwort-Herausforderungen“ gewinnen müssen. Ziel ist es in einer kurzen Zeit mit Argumenten oder Beleidigungen jemanden einzuschüchtern um das zu erreichen, was man möchte. Ob es jedoch ratsam ist, jedes Mal frech entgegen zu wirken ist fraglich, denn jede Tat bringt Konsequenzen nach sich und beeinflusst das zukünftige Spielgeschehen. Also oft lieber mal die Klappe halten um sich Ärger zu ersparen. Auf jeden Fall bringt es Abwechslung und Spannung in die Dialoge und gleicht die Zeitreisen im ersten Werk gut aus. Dadurch, dass wir die Zeit nicht mehr zurück drehen können, müssen wir ganz genau überlegen welche Entscheidungen wir treffen. Ganz nach dem Motto „Was liegt, das pickt.“ Ob all diese Entscheidungen das Ende des Spiels sehr beeinflussen werden bleibt noch offen, denn da wir bereits wissen wie sich die Charaktere und dessen Beziehungen entwickeln werden, wird es wohl kaum drastische Auswirkungen geben. Trotz allem überlegt man sich lieber zweimal, ob man zum Beispiel das Geld vom zwielichtigen Verkäufer stehlen soll oder nicht. Und da Chloe von der Fotographie nicht so besessen ist wie Max, gibt es diesmal auch keine Fotos zu knipsen. Viel lieber malt sie kreative Graffitis an diverse Orte, die dich mit einer Errungenschaft an der Konsole oder am PC belohnt werden.

 

[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Romantische Gefühle[/perfectpullquote]

Gleich zu Beginn des Spiels lernt Chloe die Musterschülerin Rachel Amber auf einem Rockkonzert kennen und die beiden verbringen einen unvergesslichen Abend. Am Tag danach treffen sie sich in der Schule erneut wieder und beschließen kurzerhand gemeinsam blau zu machen. Sehr schnell entwickelt sich eine innige Freundschaft zwischen den Beiden und schon in Life is Strange gab es Andeutungen, dass Chloe und Rachel eine romantische Beziehung hatten. Dies ist, je nachdem wie der Spieler sich entscheidet, auch der Fall, denn man kann selbst zwischen Freundschaft oder Romanze auswählen. In der LGBT-Szene ist dieses Spiel, wie bereits das Original zuvor, sehr populär da es zeigt, dass auch eine gleichgeschlechtige Beziehung ihren Erfolg erzielen kann. Die Beziehung der beiden kommt bei den Spielern aber gut an, wie man nach jeder gespielten Episode an der Prozentzahl sehen kann. Nur 27% entschieden sich für eine Freundschaft mit Rachel, alle anderen Spieler wollten mehr als nur Freunde werden. Auch andere Entscheidungen wie zum Beispiel flirten oder küssen zeigen, was sich die Leute wirklich wünschen. Und das haben die Entwickler hier gut umgesetzt, denn man hat selbst die Wahl, welche Richtung man einschlagen möchte. Auch wenn ich mir persönlich ein bisschen mehr „Kennenlernen“ gewünscht hätte, da Chloe und Rachel ziemlich schnell, vielleicht sogar zu schnell miteinander vertraut wurden. Dennoch wurde die Beziehung sehr real dargestellt und man möchte ihnen nur das Beste dieser Welt wünschen.

[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Alte Heimat, neue Gesichter[/perfectpullquote]

Chloes Geschichte spielt sich in der fiktiven Stadt Arcadia Bay ab, wo wir bereits in Life is Strange durch die Zeit sprangen. Da lässt es sich natürlich nicht vermeiden, dass wir das ein oder andere Gesicht schon gut kennen. So spielen bereits bekannte Charaktere wie Chloes Mutter Joyce und ihr Stiefvater David wichtige Rollen im Spiel. Auch in der Schule treffen wir auf Mitschüler wie Victoria Chase oder Nathan Prescott wieder, die schon im Original wichtige Teile des Spiels waren. Doch wir lernen auch neue Charaktere kennen, wie zum Beispiel Eliot, der offensichtlich großes Interesse an Chloe zeigt, oder auch die zwei Schulnerds Steph und Mikey, mit denen man ingame eine nette Partie Pen-and-Paper zocken kann. Wenn man Life is Strange bereits gespielt hat, weiß man bereits wie die einzelnen Persönlichkeiten sind, dennoch ist es sehr interessant zu sehen, wie sie einige Jahre zuvor waren. Besonders Nathan und die komplexe Beziehung zu seinem Vater, den wir ebenfalls in Episode 2 zu sehen bekommen, zeigt, dass man sich in so kurzer Zeit sehr verändern kann. Die Tatschache, dass mein die meisten Personen bereits kennt beeinflusst auch das Verhalten des Spielers, der zum Beispiel gegen David nicht immer nur aggressiv vorgeht, da man ganz genau weiß, dass er in naher Zukunft viele Leben retten wird. Aber das mindert die Spannung keines Falls. Im Gegenteil, die Charaktere wirken immer noch sehr interessant und man möchte am liebsten alles über sie erfahren.

 

[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Dieselben Fehler ein zweites Mal[/perfectpullquote]

Wo man im Gegensatz zum Original einen deutlichen Unterschied merkt ist an der Grafik. Hier haben sich die Entwickler besonders viel Mühe gegeben und die Gesichter und Texturen wirken viel feiner und detaillierter. Nicht nur bei den Charakteren, auch in der Landschaft spiegeln sich die Bemühungen wider, sodass man gern auch mal einfach nur die Umgebung betrachtet. Jedoch hat sich an der Mimik kaum etwas verändert. Die Gesichtsausdrücke sind so reglos wie eh und je. Leider war das auch schon in Life is Strange ein großer Kritikpunkt, dass die Ausdrücke der Gesichter ziemlich surreal und künstlich wirkten. Das ist leider auch diesmal wieder der Fall. Dazu kommt noch, dass die Lippenbewegungen nur selten mit der Synchronisation zusammen stimmen. Ebenfalls ist die Physik der Körperbewegung oft sehr realitätsfremd, sodass die Charaktere zum Beispiel beim Laufen ziemlich bescheuert aussehen. Auch ein übertrieben kantiger Hüftschwung wirkt nicht sexy, sondern eher albern. Nichts desto trotz erkennt man viele Verbesserungen im Gesamtbild, was in Summe dennoch einen Pluspunkt verdient.

In Before the Storm genießen wir wieder einen hervorragenden Soundtrack, der hauptsächlich aus Indie-Titeln besteht. Hier wurde wieder eine Top-Auswahl an Liedern ausgewählt, die besser nicht sein hätten können. Änderungen gab es unter anderem auch in der Synchronisation. Dem einen oder anderen ist mit Sicherheit aufgefallen, dass Chloe ein wenig anders klingt. Grund dafür ist, dass Ashly Burch, die Synchronsprecherin von Chloe, nicht mehr vor dem Mikrophon steht, sondern für das Drehbuch verantwortlich ist. Dennoch liefern die Synchronsprecher tolle Arbeit, auch wenn die Stimmen von Rachel und Chloe oft ziemlich ähnlich klingen. Dank all den gelungenen Aspekten macht es riesen Freude mit Chloe Price ihre rebellische Geschichte zu erleben und sind mehr als gespannt, was für ein Finale uns in der dritten Episode noch erwarten wird. Käufer der Deluxe-Edition dürfen noch zusätzlich eine Bonusepisode erleben, indem der Abschied von Max, als sie nach Seattle geht, gezeigt wird. Wann diese zusätzliche Episode jedoch erscheint, ist noch unklar.

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Als ich erfuhr, dass ein Prequel zu Life is Strange veröffentlicht wird, indem man mit Chloe ihre Geschichte selbst spielen kann, war ich ganz aus dem Häuschen. Und bereits nach der ersten Episode wusste ich, dass dieses Spiel wieder ein ausgezeichneter Höhenflug voller Emotionen wird. Chloe ist ein sehr komplexer Charakter, über den man liebend gern noch mehr erfahren will. Aber nicht nur Chloe, auch alle anderen Charaktere in diesem Spiel sind individuell und auf ihre Art und Weise interessant. Wir bekommen in Before the Storm wieder das ganz typische Life is Strange-Feeling, das wir bereits im Original so sehr liebten. Und doch ist es irgendwie anders. Auch wenn wir diesmal auf die Hauptfähigkeit verzichten und nicht mehr durch die Zeitreisen, so können auch die Superkräfte eines Teenagers, indem man einfach mal sein vorlautes Mundwerk sprechen lässt, sehr spannend und unterhaltsam sein. Einzig und allein in der Entwicklung der Mimik hätte ich mir ein paar Besserungen gewünscht, aber dadurch wird meine Begeisterung auf das epische Finale kaum gemindert. Ich persönlich hätte mir auch gewünscht, dass Ashly Burch wieder als Chloes Synchronsprecherin fungiert, aber das sind Luxusprobleme eines Fans und stören nicht wirklich im Spiel. Lassen wir uns überraschen und sehen, was die dritte und somit letzte Episode noch bringt und hoffen auf mehr romantischen Szenen mit Chloe und Rachel 😉

PRO

  • Interessante und individuelle Charaktere
  • Passender Indie-Soundtrack
  • Verbesserte Grafik
  • Gelungene Alternative zu den Zeitreisen in Form von Widerrede-Herausforderungen

KONTRA

  • Steife Mimik der Charaktere
  • Sprach- und Lippensynchronisation passen oft nicht zusammen
  • Andere Synchronsprecher
  • Zu leichtes Gameplay, kaum Herausforderungen
8.7

Grandios

Gameplay - 8
Grafik - 6.8
Sound - 9
Inhalt - 9.8
Atmosphäre - 9.7
Seit Kindestagen bin ich ein riesen Nintendo-Fan und bin mit Spielen wie Super Mario und Pokemon aufgewachsen. Dann kam die erste Playstation, kurz darauf folgte der eigene PC und somit gab es für mich keinen Halt mehr und meine Leidenschaft für Videospiele wurde immer größer. So groß, dass ich mittlerweile 16 Konsolen im Wohnzimmer stehen hab. Ich kann mit Shooter nicht wirklich etwas anfangen, jedoch habe ich mit RPGs und JRPGs umso mehr Freude, Jump and Runs dürfen natürlich hier nicht fehlen. Mein Herz gilt Spielen mit einer bewegenden Story, da kann Grafik schon mal als Nebensache betrachtet werden.
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