Nioh | Test

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Onimusha trifft auf Dark Souls und Diablo. Gelungene RPG-Challenge für alle Samurai-Fanatiker.

Team Ninja wirft uns ein echtes Schwergewicht auf die heimische Couch. Alte Konsolen-Haudegen erinnern sich vielleicht noch an den stilistisch artverwandten Titel Onimusha? Gepaart mit einem kräftigen Schuss Dark Souls und dazu ein ausgeklügeltes Drop- und Spielsystem et voilá: Willkommen bei Nioh! Hart umkämpfte Gebiete, schwere Gegner, haufenweise Gebrauchsmaterial, sowie zahlreiche Fruststunden erwarten euch nach dem Erwerb dieses Titels. Ob Nioh an die zuletzt neuaufgekommene Modeerscheinung der Heavy-Games à la Dark Souls herankommt erfahrt ihr im folgenden Review! 

Ein neuer Anwärter für die Halle der „Frustspiele“?

 

[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Lang und beschwerlich ist der Weg zum Erfolg   [/perfectpullquote]

Mit Erfolg ist hier wohl schlicht und einfach Überleben gemeint. Als ausgedienter Samurai hat man es oft nicht leicht. Wir schlüpfen in Nioh in die Rolle von William, einem Samurai mit wohl fragwürdiger Herkunft, da er alles andere als asiatisch aussieht. Nun gut … Nach ein paar tiefgreifend wirkenden Worte (die wir ohnehin nicht verstehen) starten wir frisch und fast unbekleidet in einer verwahrlosten Zelle im London Tower, wo wir entweder uns auf unsere Folter freuen oder gar der Hinrichtung entgegensehen. Klassischer Beginn eines RPGs … hatten wir schon. Nachdem wir gekonnt zur leeren Nachbarszelle (nur mit den Händen wohlgemerkt) durchgebrochen sind, stehen zwischen uns und der vermeintlich verdienten Freiheit nur zirka 35 Wachsoldaten und 10 Ritter. Kinkerlitzchen meint ihr? Von wegen! Bereits die erste Wache ist ohne Schutzkleidung und akkurater Waffe eine Herausforderung. Ein bis zwei Treffer mit dem gegnerischen Schwert und William sackt, unschön und mit sarkastischem Schriftzug am Bildschirm, tot in sich zusammen.

Nun mal Hand aufs Herz liebe Game-Developer und Realismus in allen Ehren … aber wieso tut ihr unserer friedfertigen Videospiel-Gesellschaft derlei Sachen an? Naja egal … prompt neu geladen. Die Gegner sind nach dem Tod übrigens komplett wiederhergestellt. Versuchen wir uns erneut! Mühsam erkämpfen wir uns die ersten Rüstungsteile und stumpf wirkende Waffen, um uns den Weg durch den Tower ins Freie zu erkämpfen. Wer sich an der Ritter-Belegschaft im Turm verirrt erkennt schnell, dass Nioh ein wirklich hartes Spiel ist. Vom ersten Gegner an ist die eigene Kampfstrategie das Um und Auf. Ein bis zweimal die Deckung vernachlässigt und man kauert wieder weinend auf der Couch und sieht erneut dem kompletten Level entgegen. So hart ist das damalige Samurai-Leben wohl auch nicht gewesen … oder?

Geschichtlich hat Nioh zu Beginn nur Verwirrung zu bieten. Also mir sind schon so einige seltsame Geschichtserzählungen und Erzählstile untergekommen, aber Nioh ist auch hier sehr schwierig. Wir werden in eine surreale Welt Japans geworfen, in der es nur Krieg, Gewalt und dunkle Kräfte gibt. Wir begegnen scheinbar schon länger bekannten Erzfeinden und selbstverständlichen Charakteren, welche uns die Nachvollziehbarkeit der Geschichte enorm erschweren. Aber genau dies passt irgendwie zu einem Spiel wie diesem. Ehrlicherweise hätte ich dem Spiel auch keine Stephen King Story zugetraut. Jedoch wäre ein wenig Zusammenhang nett gewesen.

 

[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Turmsprung in die Hölle[/perfectpullquote]

Nachdem wir uns den Weg (nach bereits mehreren Spielstunden) an die Spitze des London Towers erkämpft haben, setzt uns unser Erzfeind den ersten Boss Gegner vor die Füße. Wie bereits in artverwandten Titeln ist die Strategie zum Sieg das Durchschauen des Gegner-Musters. Zumeist greifen die Gegnertypen in wiederkehrenden Mustern an. Hat man diese einmal durchschaut, sind die Kämpfe oftmals nur eine Mischung aus Geduld, Tastenkombination und eine mittelgroße Portion Glück. Dies nimmt zu Beginn relativ rasch den Frustfaktor.

Nichtsdestotrotz ist Nioh ein verdammt hartes Spiel und fordert eure ganze Aufmerksamkeit. Gegner patrouillieren in Gebieten, sind oftmals nicht alleine unterwegs oder verstecken sich hinter Ecken und in Häuser. Es stellt sich jedoch nach einiger Zeit ein gewisses Knowhow ein. Man weiß die Gegnerpositionen nach dem x-ten Mal Durchlaufen bereits auswendig und spult in Wahrheit nur noch Gewohnheit mit den Fingern ab. Und glaubt mir … ihr werdet die Level öfters durchlaufen MÜSSEN!

Zurück zum oben angesprochen Bosskampf an der Spitze des London Towers. Nachdem wir auch hier die Gegnerstrategie herausgefunden haben, ist auch dieser Koloss bald Geschichte. Wir stürzen uns vom Turm in die Freiheit und in die Kühle der Themse. Nach einem kurzen Zwischenspann, in dem William zurück nach Japan segelt, finden wir uns an der Küste Japans wieder.
Erneut ohne Ausrüstung und Waffen … erst jetzt wurde mir bewusst, dass die vorangegangenen Spielstunden lediglich das Intro und das Tutorial des Spiels waren! Wenn das Spiel bis jetzt noch nicht in der Ecke gelandet ist, dann habt ihr ausreichend Nerven um weiter zu zocken.

Am nahegelegenen Speicherpunkt wird allerdings erst wirklich deutlich was Nioh von anderen Spielen abhebt. Zunächst werden wir nach einer bevorzugten Waffengattung gefragt. Man kann zwischen klassischem Samurai-Schwert, einhändig oder zweihändig, Speer, Axt oder anderen Kriegsutensilien auswählen. Je nach bevorzugter Kampfvorliebe könnt ihr William somit ein wenig auf euch zuschneiden. Als nächstes werden wir nach unserem Schutzgeist gefragt. Es stehen zu Beginn drei zur Auswahl, welche sich nach den Elementen richten. Spielt ihr eher einen aggressiveren Kampfstil so ist Feuer euer Element. Wind und Wasser dient eher strategischeren Kampfmethoden. Aber keine Angst! Ihr könnt jederzeit andere Waffen als eure bevorzugten verwenden und den Schutzgeist am Speicherpunkt jederzeit ändern.

Eine weitere Neuerung ist das strategische Kampf-Haltungs-System im Spiel. Ihr könnt, egal welche Waffengattung, eure Kampfhaltung offensiv (erhobene Waffe), neutral (Waffe auf mittlerer Höhe) oder defensiv (gesenkte Waffe) verändern. Je nach Haltung fügt ihr mehr Schaden zu, erleidet dafür aber auch mehr Schaden im Falle eines gegnerischen Treffers. In der Defensiv-Haltung erleidet ihr weniger Schaden und fügt auch weniger zu. Diese trivial wirkende Einstellung kann zumeist über digitales Leben oder Ladebildschirm entscheiden. Manche Gegner müssen tatsächlich taktisch korrekt angegangenen werden, um nicht als Samurai-Geschnetzeltes zu enden. Diese Spielmechanik bringt frischen Wind in Nioh und ermöglicht euch in euer Kampfverhalten viel Taktik hineinzubringen.

 

[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Videomodi, Spielmenü und … üben, üben, üben [/perfectpullquote]

Dass dieses Spiel nichts für schwache Gemüter und leichte Sonntag-Nachmittag-Spielweise ist, habe ich euch hoffentlich klar gemacht! Sonderbarerweise werdet ihr zu Beginn des Spieles gefragt, ob ihr das Spiel am TV in einem Actionmodus oder in einem Filmmodus spielen möchtet. Im Actionmodus wird die Framerate zu Leiden der Auflösung geregelt, sodass das Spiel immer flüssig läuft. Im Filmmodus wird die Auflösung konstant gehalten, was Auswirkungen auf die Bildwiedergebungsrate hat. Für einen PS4-exklusiven Titel jedoch schwer fragwürdig, da das Spiel ja konkret für diese Konsolen-Plattform entworfen wurde … naja … nett gefragt aber meines Erachtens nach unnötig. Das oftmals bekrittelte Spielmenü würde ich zwar als optisch in den 90er hängen geblieben bezeichnen, aber nicht wirklich störend. William besitzt eine Vielzahl an Statuseigenschaften, die es zu verbessern gilt. Das Anlegen von mehreren Ausrüstungsgegenständen und Accessoires wirkt zwar anfangs unübersichtlich ist jedoch nach einiger Zeit ins Blut übergegangen … wie so vieles andere in Nioh.

Man kann am Speicherpunkt in Form eines Schreins den Charakter nach sammeln von Erfahrungspunkten „hochleveln“, Gegenstände opfern um eine lächerliche Anzahl an Erfahrungspunkte zu bekommen oder mit Hilfe von gefundenen kleinen Fröschen (?) im Level gewisse Zustände herbeirufen. So erhalten wir eine minimal größere Chance auf Heiltränke oder Rüstungsteile. Alles in Allem sind dies die kleinen Ideen und Mechanismen, die ich in Dark und Demon Souls vermisst habe. Die restliche Spielmechanik wirkt fast wie kopiert. Man läuft durch den Level und versucht weiter voran zu kommen. Irgendwann begegnet man einem neuen Gegner, dessen Strategie man nicht kennt, verläuft sich eine Gruppe von Gegner oder übernimmt sich schlichtweg einfach und stirbt. Man wacht am Schrein wieder auf, alle Gegner wieder anwesend. Mit den neuen Erkenntnissen des Levels und der Gegner macht man sich erneut auf und sucht seine Leiche, um die Erfahrungspunkte zu retten. Diesen Zyklus spielt man in Nioh Level auf Level mehrfach durch. Wer dies als langweilig erachtet, für den ist dieses Game schlicht und einfach nicht das richtige! Die Langzeitmotivation kommt aus dem Willen Stück für Stück voranzukommen und mit großen Anstrengungen den Charakter zu entwickeln und weiterzukommen.

Nioh unterscheidet sich ebenfalls in einem anderen Gesichtspunkt von ähnlichen Spielen: Die DropRate von Gegenständen und Ausrüstung ist wesentlich höher und vor allem brauchbarer. Es liegen mehr Kisten und versteckte Items herum, die den Frustfaktor erheblich beeinflussen. Mir tat diese Neuerung gut. Ihr könnt auch die verstorbenen Geister anderer Spiele im Level erwecken und diese NPC-gesteuert zum Kampf zwingen. Gute Gegenstände und viel Erfahrung warten hier auf euch. Außerdem sind diese Mahnmale zumeist gute Warnhinweise auf bevorstehende Fallen oder Gegnerscharren.

Grafisch bietet Nioh nichts Neues, was nicht unbedingt schlecht sein soll. Die Atmosphäre ist düster und passt perfekt zum Spielinhalt. Wir waten durch zerstörte Dörfer, Festungen, Wälder und Höhlen, in denen uns von normalen menschlichen Soldaten bis hin zu gewaltigen Dämonen in Bestienform alles entgegentritt. Der Detailierungsgrad ist ausgiebig, auch wenn man nach dem 53ten Versuch den Level bereits auf Stein und Blatt auswendig kennt.

 

Nioh wird und soll auch nicht leicht sein. So wie andere Spielentwickler es vorgesehen haben, reiht sich das Game in die Halle der Frustspiele ein, welche doch für viele einen großen Reiz ausmachen.
Gerade in der heutigen Spielelandschaft werden Herausforderungen gesucht, um das triste
Konsolen-Zocker-Dasein aufzupeppen. Nioh erreicht diesen Status mit frischen Innovationen, die das Spielgeschehen abrunden und durchaus interessanter gestalten. Zugegeben muss man auf den fernöstlichen Kultureinfluss stehen, um Nioh in vollen Zügen genießen zu dürfen und darf keine hohen Erwartungen setzen, was Story und Abwechslung angeht. Das Spiel ist ein repetitives, durch Spielerfahrung prägendes Spiel, welches neben euren Nerven auch viel eurer Zeit in Anspruch nehmen wird. Seid ihr der Herausforderung gewachsen könnte dieser Titel in euren Top 5 landen. All jene, die etwas Neues testen wollen und dieses Genre erst kennenlernen muss: Seid gewarnt!

PRO

  • Herausfordernder Schwierigkeitsgrad
  • Innovatives Kampfsystem
  • Süchtig machende Charakterentwicklung
  • Schöne und flüssige Optik
  • Passend aufgesetzte Geschichte

KONTRA

  • Herausfordernder Schwierigkeitsgrad
  • Hoher Frustfaktor
  • Repetitiver Spielfluss
8.3

Grandios

Gameplay - 9
Grafik - 8.5
Sound - 7
Inhalt - 8.5
Atmosphäre - 8.5
Seitdem ich zum ersten Mal einen Controller in der Hand hielt wusste ich, dass dies eine Freundschaft fürs Leben wird. Bis heute ist der digitale Sport für mich fixer Bestandteil meiner Freizeit. Mit AustriaGaming ist er sogar zum Teil zur Berufung geworden. Favorisierte Spiele sind für mich aus dem Genre Horror, SciFi und RPG mit viel geschichtlichem Tiefgang. Gerade innovative und alternative Games ziehen mich öfters in den Bann.
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