Prey: Artwork

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Prey: so entstand die Story

Prey: Artwork

Die Inspiration ereilte Raphael Colantonio in 12.000 Meter Höhe, was irgendwie passend ist. Schließlich machte er sich Gedanken über ein Spiel, das von einer Raumstation handelt, die im Erdorbit ihre Kreise zieht.

„Ich saß auf dem Rückweg vom Urlaub in einem Flugzeug und es war ein super-langer Flug“, erinnert sich Colantonio, „Da habe ich die Haupthandlung von Prey geschrieben.“

Diese Eingebung in der Luft war nur der erste Schritt, um die tiefgründige Story und die detailreiche Welt von Prey zu kreieren. Nach seiner Rückkehr ins Büro in Austin holte Colantonio das Team von Arkane Studios dazu, um seine Idee auszuarbeiten, von der Alien-Ökologie über das Raumstationsdesign bis hin zu Nebenrollen und Dialogen. Bei der Entwicklung der Story von Prey haben auch einige versierte Freischaffende geholfen. Das Resultat dieses mehrjährigen Prozesses ist ein epischer SF-Thriller voller spannender Ereignisse und überraschender Wendungen.

„Wir hatten viele lange Meetings mit den Level-Designern, um die generelle spielerische Richtung zu diskutieren“, erinnert sich Lead Designer Ricardo Bare. Gleichzeitig arbeitete das Studio mit dem Grafikteam daran, die Welt an sich zu entwickeln. Dazu gehört neben dem Neo-Deco-Stil der Talos I auch eine Hintergrundgeschichte, bei der US-Präsident Kennedy den Attentatsversuch überlebt. In dieser alternativen Geschichtsschreibung wird aus dem Wettlauf ins All eine Kooperation mit der Sowjetunion. Mal ganz zu schweigen von den unzähligen Stunden, in denen alles Mögliche recherchiert wurde – von realistischer Raketentechnik bis zu pseudowissenschaftlichen Studien über Aliens und paranormale Phänomene.

„Es dauerte etwa ein Jahr, bis wir unsere Geschichte der 1960er beisammenhatten, mit all der Historie und Vielschichtigkeit, die Säulen des Spiels wurden“ erklärt Colantonio.

„Das geschah lange, bevor wir die ersten Dialoge schrieben“, ergänzt Bare, „Zunächst konzentrierten wir uns mit den Level-Designern auf die Spielstruktur und mit den Künstlern auf Motive, Aufgaben und Hintergrundstory. Dann haben wir unsere einseitige Handlungszusammenfassung immer und immer wieder überarbeitet, um sie zu verfeinern“.

Avellone kann was erzählen

Arkane Austin wurde auch von Experten außerhalb des Studios unterstützt. Harvey Smith, der sich bei Arkane Lyon auf Dishonored 2 konzentrierte, half dabei, die Existenz der Typhon-Aliens zu begründen. Der preisgekrönte Autor Austin Grossman arbeitete schon an Spielen wie System Shock, Dishonored und Dishonored 2 mit. Er half beim Verfeinern einiger der frühen Ideen des ersten Handlungsentwurfs, beispielsweise wie Hauptcharakter Morgan Yu seine Erinnerungen wiedererlangt. Und dann fragte das Team Branchenlegende Chris Avellone (Fallout 2, Planescape: Torment, Fallout: New Vegas, Pillars of Eternity), ob er nicht dem Autorenteam beitreten wollte – für Ricardo Bare ging damit ein Traum in Erfüllung.

„Schon bevor ich in der Spieleindustrie arbeitete, war Planescape: Torment mein Lieblingsspiel“, schwärmt Bare, „Es gab noch einige andere Spiele, die mir wirklich gut gefielen und ebenfalls tolle Charaktere hatten. Erst später schnallte ich, dass die alle von demselben Typ geschrieben waren.“ Bare machte 2013 erstmals die Bekanntschaft von Avellone, als die beiden zusammen an einer Diskussionsrunde auf der Messe PAX East teilnahmen. „Das war für mich ein cooler Fanboy-Moment“ grinst Bare.

Die Sympathie beruhte auf Gegenseitigkeit und Avellone ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen, mit Arkane an Prey zu arbeiten. Auch wenn es erst im zweiten Anlauf klappte: Als Colantonio anklopfte, war Avellone zunächst mit anderen Projekten voll ausgelastet. Doch kaum hatte er wieder etwas Luft, meldete er sich bei Arkane wieder: „Ich fragte Raf, ob er immer noch an einer Zusammenarbeit interessiert wäre”, berichtet Avellone, „Dann ging alles ganz schnell und im Nu war ich im Studio, studierte den Pitch für das Spiel und analysierte die Designdokumente. Ich machte mich schlau, was die Grundlagen für das Spiel sind und wie das Studio an die Entwicklung heran geht.“

Avellone freute sich auch darauf, mit seinem damaligen PAX-Diskussionspartner zu arbeiten: „Preys Lead Designer [Raphael Colantonio] kannte ich ohnehin schon und Lead Writer Ricardo Bare hatte ich bei einigen Branchenevents getroffen. Seine Sachen waren mir vertraut, ich hatte sie gerne gelesen. Ricardo hat viele Talente und schafft es in seinem Roman Jack of Hearts sogar, Zwerge furchterregend wirken zu lassen. Es schien also eine tolle Gelegenheit zu sein, mit den beiden und der restlichen Arkane-Crew zusammenzuarbeiten.“

Charaktere mit Charakter

Avellone stürzte sich gleich in die Arbeit. Er gab nicht nur Feedback zur Story, sondern entwickelte auch viele Charaktere und Nebenquests. „Ich habe Chris‘ Charaktere schon immer bewundert“, meint Colantonio, „Er hat einige wirklich coole Charaktere mit spannenden Dilemmas kreiert. Sie führen oft zu Quests, bei denen man als Spieler in seltsamen Situationen landet, bei denen du nicht genau weißt, was du tun solltest. Und egal, wofür du dich entscheidest, es fühlt sich so an, als hättest du nicht ganz die richtige Wahl getroffen.“

„Ich arbeitete an einer Reihe von Nebenfiguren sowie etwa fünf anderen Hauptcharakteren und deren Spielhandlung“, verrät Avellone. Zu seinen Favoriten gehören Neurowissenschaftler Dayo Igwe und die Leitende Systemingenieurin Mikhaila Ilyushin: „Ihre Erlebnisse enthalten einige meine Lieblingsszenen.“

Aber denkt bloß nicht, dass Dr. Igwe und seine Kollegen „nur“ Randfiguren sind. Morgan Yu ist ein wenig rätselhaft, eine Person mit unklarer Vergangenheit und erheblichen Gedächtnislücken. Die anderen Charaktere spielen eine wesentliche Rolle dabei, herauszufinden, wer Morgan eigentlich ist. „Durch ihre Sichtweise bekommen die Entscheidungen des Spielers mehr Kontext“, erklärt Avellone, „Die Charaktere verdeutlichen auch, welche Auswirkungen die Talos I und TranStar auf die Welt haben, aus einer wissenschaftlichen, sozialen und militärischen Perspektive. Zudem hat jeder NPC seine ganz eigene Meinung von Morgan Yu und die Spieler müssen herausfinden, was sie davon halten sollen.“

„Nebenfiguren wie Mikhaila und Igwe wissen bereits Dinge über euch, wenn ihr ihnen begegnet“, ergänzt Bare, „Sie wissen etwas über den oder die frühere Morgan. In Gesprächen werden sie diese Dinge erwähnen und enthüllen, wer Morgan früher war. Das ist eine interessante Weise, mehr über die zentrale Figuer des Spiels herauszufinden.“

Verfehlt seine Wirkung nicht

Avellone passte auch deshalb so gut zu diesem Projekt, weil seine generelle Herangehensweise Arkanes Spiele-Philosophie stark ähnelt. „Chris verwendet vielleicht andere Begriffe als wir, aber im Prinzip meinen wir dieselbe Sache“, erklärt Bare, „Er sprach viel von ‚Reaktivität‘. Dahinter steckt folgendes Konzept: Wenn ich etwas Cooles mache, mit NPCs interagiere oder sonst was in der Welt anstelle, dann sollten die Charaktere darauf reagieren. Ich will, dass meine Aktionen eine weitreichende Wirkung haben. Und das passte wirklich gut zu dem, was wir mit Prey erreichen wollten.“

„Bei der Erzählstruktur war es interessant, meine Vorstellungen von Story und Reaktivität aus dem Rollenspielgenre bei einem Actionspiel umzusetzen“, ergänzt Avellone, „Ich konnte viel beitragen und zugleich eine Menge lernen.“

Auch Avellones schräger Humor war bei der Story von Prey willkommen. „Seine Charaktere und Dialoge zeichnen sich oft durch eine Prise schwarzen Humor aus“, meint Colantonio, „Das passt zur düsteren Stimmung unseres Spiels.“

Avellone nennt den Film Aliens als eine Inspirationsquelle für seine Herangehensweise beim Schreiben. „Im Grunde ist Aliens ein Action-Thriller, der fast pausenlos Gas gibt“, erklärt er, „Aber nicht jeder weiß zu schätzen, dass Aliens auch einer der witzigsten Filme ist. Die komödiantischen Momente funktionieren dank der Reaktionen der Charaktere so gut – vor allem bei Bill Paxton, aber das gilt auch für fast alle anderen. Es gibt einige wirklich lustige Momente, sogar im Kontext eines Horror-Thrillers, und sie passen wirklich gut in den erzählerischen Rhythmus.“

Avellone meint, dass Prey in dieser Hinsicht Aliens ähnelt. Auch das spannendste Spiel braucht zwischendurch leichtere Momente, damit das Erlebnis nicht zu monoton wirkt. „Ich finde es gut, etwas Humor einzubringen, solange du damit nicht der Grundstimmung schadest. Und Prey schafft es, erfolgreich auf diesem schmalen Grat zu wandern.“

Wofür war nochmal der Reployer?

Ein Paradebeispiel für diesen Humor ist der „Reployer“. Dieses von einem Arkane-Grafiker kreierte Gerät tauchte bald auf immer mehr Schreibtischen in der Talos I auf. Aber niemand konnte so recht sagen, was es eigentlich macht. War es ein Drucker? Ein Weltraumzeitalter-Faxgerät? Ein Fotokopierer? Immer wieder kam die Frage in Team-Meetings auf. Man konnte darauf wetten, dass irgendjemand sie stellen würde – und dass niemand eine Antwort darauf wusste.

„Dreimal standen wir kurz davor, den Reployer aus dem Spiel zu werfen“, erinnert sich Colantonio, „Ich habe mich deshalb sogar mit [Lead Visual Designer] Manu [Petit] gestritten. Ich sagte ihm, dass ich das Ding niemals wiedersehen will – bis wir einen Gag daraus machten. Wir sagten uns: ‚Was wäre, wenn niemand auf der Raumstation so recht weiß, was das für ein Objekt ist? Geben wir ihm doch einen obskuren Namen wie Reployer und lassen die Leute in E-Mails darüber reden.'“

Nachdem Arkane seine Realwelt-Verwirrung ins Spiel transplantiert hatte, wurde der Reployer zum Running Gag, der immer wieder in E-Mails und Dialogen von TranStar-Angestellten auftaucht. Avellone ließ sich da nicht lange bitten: „Chris griff den Gag auf und baute ihn bei von ihm geschriebenen Dialogen ein“, berichtet Bare. Eine besonders witzige Reployer-Würdigung aus der Feder von Avellone erwartet euch bei einem Gespräch zwischen Mikhaila und January in Morgans Büro.

Die düstere Story und die komplexe Welt wirken durch solche Dialoge noch lebendiger. Sie sind auch ein Beispiel dafür, wie Avellone zur ausgefeilten Handlung von Prey noch so viel hinzufügen konnte. Aus seiner Sicht war es jedenfalls eine höchst erfreuliche Zusammenarbeit: „Die Erwartungen wurden deutlich kommuniziert, es gab klares Feedback und man hatte immer ein offenes Ohr für meine Story- und Design-Anregungen“, meint Avellone, „Obwohl ich ein freier Mitarbeiter war, hatte ich das Gefühl, dass ich zum Studio und zum Prozess gehörte – bei Arkane fühlte ich mich willkommen.“

Weitere Informationen und Updates zu Prey findet Ihr im HUB

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