Resident Evil Village ist nun endlich erschienen, und während die verschiedenen Demos in den letzten Wochen uns die Möglichkeit gaben, die Technik auszuprobieren, haben wir nun das gesamte Spiel durchgespielt. Als Nachfolger von Resident Evil 7 behält das Spiel die Ego-Perspektive bei, mag für sich genommen aber nicht viel Neues bieten. Dennoch verbindet es erfolgreich die besten Action-Elemente von Resident Evil 4 mit der moderneren Form der Serie, die in Resident Evil 7: Biohazard etabliert wurde, und sorgt so für eine wirklich fesselnde Fortsetzung der Geschichte von Ethan Winters.
WILLKOMMEN IM DORF
Es ist eine Geschichte, die unglücklicherweise für den armen alten Ethan von ernsten Schwierigkeiten zu schlimmen Wölfen führt. Nachdem er in „Resident Evil 7“ zur Rettung seiner Frau in die Hölle der Hinterwäldler und wieder zurück geschleppt wurde, findet er sich in „Village“ in einer deutlich transsilvanischen Art des Terrors wieder. Diesmal ist es seine kleine Tochter, die gerettet werden muss, nachdem sie von einer bösen Bande von Monsterverrückten entführt wurde: Lady Dimitrescu, ein Vampir, der groß genug ist, um in der NBA eine Profikarriere starten zu können; Donna Beneviento, eine Puppenmacherin; Salvatore Moreau, ein durch und durch abstoßender Wassermann; und Karl Heisenberg, ein magnetisch angetriebener Irrer, der eine Fabrik zur Herstellung von Frankensteins Monstern betreibt.
Alle vier unterstehen der mysteriösen Oberhexe Mutter Miranda, und obwohl zugegebenermaßen keiner von ihnen die gleiche Art von echtem Schrecken hervorrufen kann wie die südländisch angehauchten Psychopathen der Baker-Familie in Resident Evil 7, fand ich sie alle auf unterhaltsame Weise skurril. Jeder von ihnen herrscht über sein eigenes, visuell unverwechselbares Gebiet, das es zu überleben gilt, von den opulenten, mit Gold verzierten Innenräumen von Schloss Dimitrescu bis hin zu der schmutzigen unterirdischer Anlage von Heisenberg. Zwischen den einzelnen Schauplätzen gibt es spürbare Stimmungsschwankungen, wobei ein Schauplatz eine eher schleichende Herangehensweise erfordert, während ein anderer eher auf psychologischen Horror ausgelegt ist. Das Eintauchen in die dunkelsten Ecken der Welt von Village und die Aufdeckung des wahren Grundes für die Existenz dieser abgedrehten Freaks, sorgen für ein unvergleichbares Mysterium, das mich wirklich gefesselt hat.
GELUNGENER ZOMBIE-MIX
Abgesehen von den bereits erwähnten Lykanern, die in verschiedenen Formen auftreten, gibt es Zombie-Ghouls, fliegende Wasserspeier, vollwertige Werwölfe und mehr, die darauf warten, euch auf Schritt und Tritt zu überfallen. Ihr Ansturm fühlt sich wie eine aggressive Antwort auf einen der bemerkenswertesten Mängel von Resident Evil 7 an, nämlich den Mangel an Abwechslung bei den Gegnertypen. Village behebt dies, indem es eine wesentlich breitere Palette von Bösewichten ins Getümmel wirft.
Diese erweiterte Auswahl an blutrünstigen Gegnern sorgt nicht nur für eine interessante Reihe von Kampfbegegnungen, sondern verleiht auch dem verbesserten Crafting-System eine willkommene neue Tiefe. Sollte man den knappen Vorrat an Schrott verwenden, um eine Landmine zusammenzubauen, welche die Panzerung des Lykaners wegsprengt, oder sollte man diesen zu Scharfschützenmunition verarbeiten, damit man die Gargoyles aus der Ferne ausschalten kann? Es liegt an euch!
Zugegeben, die meisten dieser Feinde sind nicht sonderlich clever! Die genetisch veränderten Mutanten in Heisenbergs Fabrik sind zu Beginn mehr oder weniger Kanonenfutter, aber im späteren Spielverlauf beginnt die Größe der Feindschwärme deutlich anzuschwellen, was das Gameplay teilweise etwas Würze verleiht. Zum Glück fühlt sich Ethan in Village wesentlich kampfbereiter. Er ist in der Lage, problemlos über Zäune und durch offene Fenster zu springen, um während einer Schießerei in Bewegung zu bleiben. Die Freaks können kommen!
WAS DARF ES SEIN?
Um neben dem Looten an die begehrte Munition und sonstige Ausrüstungsteile zu gelangen, steht euch der Duke, ein korpulenter Händler, an verschiedenen Orten auf der Karte zur Seite. Er ermöglicht es euch, Waffen-Add-ons und Upgrades sowie begrenzte Mengen an Medkits und Munition zu kaufen. Die Preise des Händlers haben sich zwar gewaschen, aber das verleitet euch zumindest dazu, jeden Quadratzentimeter der atemberaubenden Landschaft von Village auf der Suche nach Schätzen zu durchforsten, die ihr gegen Bares eintauschen könnt.
Nebenbei könnt ihr Tiere wie Fische und Schweine töten und das erhaltene Fleisch vom Duke zu Gerichten verarbeiten lassen, die Ethans Gesundheit und Verteidigung dauerhaft verbessern. An anderer Stelle sind unzählige wertvolle Story-Häppchen versteckt, die ein klares Bild von den Verbindungen zwischen den Dorfbewohnern und der Umbrella Corporation vermitteln, sowie Mini-Bosskämpfe, die euch in einigen Fällen völlig überrumpeln können.
GRANDIOSE ANTAGONISTEN MIT LEICHTEN SCHWÄCHEN
Obwohl die Reise durch Resident Evil Village absolut großartig ist, hat sie auch mit Schwachpunkten zu kämpfen. Das betrifft zum Beispiel die sonst wirklich gut gelungenen Antagonisten, wie zb. die Lady Dimitrescu! Ihr Auftritt ist zwar einschüchternd, aber auch enttäuschend kurzlebig. Sie taucht sehr früh auf, ist relativ einfach zu vermeiden, und ist nicht so präsent, wie man es erwartet hätte. Zudem haben ihre drei Töchter die gleiche Schwäche und so laufen die Kämpfe gegen sie alle auf fast identische Weise ab.
Tatsächlich kommen viele der Bosskämpfe in Village strategisch gesehen erstaunlich kurz. Zwar nehmen sie an Umfang und Spektakel zu, je näher man dem Höhepunkt der Geschichte kommt, aber die wenigsten bedeuten viel mehr, als sie einzukreisen und ihnen in ihre glühenden Teile zu schießen. Das soll jetzt nicht heißen, dass ich Village nicht herausfordernd fand, aber ich hätte mir definitiv ein paar mehr Showdowns von epischer Größe gewünscht.
NACH DEM SPIEL IST VOR DEM SPIEL
Sobald die Geschichte von Village abgeschlossen ist, können Punkte, die durch das Erreichen bestimmter Ziele in der Kampagne verdient wurden, gegen Waffen mit unbegrenzter Munition und verschiedene Konzeptkunstwerke eingetauscht werden. Der wertvollste Bonus, den man freischalten kann, ist der Söldner-Modus. Dieser Zeitangriffs-Arcade-Modus (der in Resident Evil 3 debütierte) kehrt mit ein paar Gameplay-Änderungen zurück und serviert Schießereien gegen Wellen von Wolfsmenschen, die den Zombie Modus von Call of Duty alt aussehen lassen… Klasse!
Der Söldner Modus besteht aus einem mehrteiligen Spießrutenlauf durch vier Stufen aus der Village-Kampagne. Einfach nur zu überleben ist nicht allzu anstrengend, aber den optimalen Weg zum Level-Ziel zu finden und die Kill-Streak-Kombo am Laufen zu halten, ist von größter Bedeutung, um einige ziemlich anspruchsvolle High-Score-Ziele zu erreichen. Eine zusätzliche strategische Ebene wurde dieses Mal in Form von speziellen Fähigkeitskugeln eingebaut, die es euch ermöglichen, diverse Perks zu aktivieren. Insgesamt ist die Wiederbelebung des schlummernden Söldnermodus ein süchtig machender Bonus, mit dem man getrost einige Stunden verbringen kann.
WAS FÜRS AUGE
Die optische Präsentation von Village sticht in meinen Augen am meisten heraus! Jede Szene fühlt sich sorgfältig zusammengefügt an, in einer wunderschönen Verbindung von Kunst und Technologie. Alle Bereiche sind sorgfältig gestaltet, wobei die Gesamtkomposition der Szene im Vordergrund steht. In Außenszenen verleiht der weit entfernte Hintergrund der Welt ein gelungenes Gefühl von Größe.
Village leistet in puncto Inszenierung großartige Arbeit, wenn es darum geht, sowohl ein außergewöhnliches Gefühl für den Maßstab als auch für Nahfelddetails zu vermitteln. Jeder Winkel eines jeden Bildes fühlt sich durchdacht an, was angesichts der Ego-Perspektive und des Erkundungscharakters des Spiels eine große Leistung ist. Der einzige Haken? Die tatsächlichen Texturdetails im Nahbereich können enttäuschen, aber im Vergleich zu RE7 erkennt man eine deutliche Verbesserung.
Auch in Hinsicht Animationen hat Capcom hervorragende Arbeit geleistet – vom sanften Wippen der Kamera bis hin zum Schwingen der Pistole – die grundlegenden Bewegungen sehen hervorragend aus und fühlen sich auch so an. Selbst die Beleuchtung wird außergewöhnlich gut eingesetzt. Im Freien nutzt Capcom volumetrischen Nebel und eine Beleuchtung mit großer Wirkung, während in Innenräumen eine Mischung aus direkter und indirekter Beleuchtung die Atmosphäre bestimmt. Die Art und Weise, wie das Licht durch die Fenster einfällt und den Raum beleuchtet, ist sehr effektiv. Die Mischung aus Volumetrics, subtiler indirekter Beleuchtung und physikalisch basierten Materialien ist absolut entscheidend, um ein realistisches, natürliches Erscheinungsbild zu erzielen. Auch das gelingt Capcom wirklich gut, wenn auch nicht perfekt.