Wir haben die Gelegenheit bekommen, eine ganze Palette an Produkten von Shure testen zu können. Da mein persönlicher Favorit das Podcast Mikrofon MV7 ist, mache ich mit diesem edlen Stück den Anfang. Man merkt natürlich sofort, dass das Mikrofon an seinen größeren Bruder das SM7B angelehnt wurde und nur ein etwas schlankeres Case spendiert bekommen hat. Das Highlight hier ist, dass das Mic sowohl über einen USB- als auch XLR-Anschluss verfügt, welche gleichzeitig verwendet werden können. Das Dynamic Mikrofon tritt natürlich wieder in den Ring gegen mein Rode Procaster, welches ich über das Mackie Audio-Interface PROFX8v2 mit einem FetHead betreibe. Da ich schon lange auf der Suche nach einer Alternative für das doch sehr bullige Setup bin, konnte ich es gar nicht erwarten, Hand anzulegen. Ich teste das Shure MV7 inklusive dem beigelegten Tripod, in einer typischen “Gaming-Umgebung” und werde bei keiner Tonaufnahme Nachbearbeitungen vornehmen. Aber nun genug des Blablas. Sehen wir uns das edle Stück einmal näher an.
FÜR PROFIS?
Ein USB-Anschluss an Highend Mikrofone lässt gerne darauf schließen, dass man sich hier nicht im professionellen Bereich befindet, sondern eher den Amateur bzw. semi-professionellen Anwendungsbereich ansprechen möchte. Umso spannender ist der Fakt daher, dass Shure dem MV7 zusätzlich einen XLR-Anschluss verpasst hat, was darauf deuten lässt, dass man so ziemlich die ganze Palette an Anwendungsbereichen abdecken will, die es da draußen bei den Creatorn gibt und „Achtung Spoiler“ das ist Shure bis auf ein paar Ausnahmen auch bestens gelungen.
Beginnen wir einmal mit den klassischen Einsatzbereichen: Podcasts und YouTube. Das Mikrofon ist sowohl für Creators, die schon länger in diesen Bereichen tätig sind, wie auch für Neueinsteiger bestens geeignet. Das Setup, wie wir es bei uns in der Redaktion vorliegen haben (Stativ + MV7), gibt es bei Thomann nämlich bereits für einsteigerfreundlichen 230 EUR (15.11.2021) zu erwerben. Die mitgelieferte Software (dazu später mehr) ermöglicht ein spielendeinfaches Plug-and-Play Setup und man ist aufnahmebereit. Der Auto Level Modus sorgt zusätzlich dafür, dass man trotz Distanzwechsel zwischen Mikrofon und Sprecher immer eine konstante Input-Lautstärke aufrecht erhalten kann.
Die erste Grenze ist bei dem MV7 im Aufnahmebereich von Instrumenten erreicht. Hier tut man sich bereits sehr schwer, wenn man weiterhin mit dem USB-Eingang aufnehmen möchte, welcher für die meisten Fällen bei YouTube und Podcast noch ausgereicht hat. Ohne ein Audio-Interface, also via USB, sind die Ergebnisse zwar gut, werden aber keinen Sound-Geek mehr befriedigen. Hier kommt jedoch der XLR-Anschluss ins Spiel, welcher genau diese Hürde spielend leicht überschreiten kann. On the top hat das MV7 ein Teamspeak-Zertifikat erhalten, was das Mikrofon zu einem geeigneten Partner bei hitzigen Gaming-Sessions macht. Man merkt also, der Hauptbereich des Shures liegt bei der Anwendung direkt am Desktop, über das mitgelieferte Stativ, oder aber über eine Teleskopstange bzw. einem Schwenkarm. Darüber hinaus sind die Grenzen offen, ich werde hier aber den Fokus auf die oben genannten Anwendungsbereiche belassen, da uns bei diesen drei Punkten die meisten Anfragen erreicht haben.
EIN BLICK UNTER DIE HAUBE
Wer den technischen Part überspringen möchte, hat nun die Chance dazu! Noch da? Alles klar, dann sehen wir uns das gute Stück einmal näher an. Das Mikrofon hat ein Gewicht von rund 550g und fühlt sich an jeder Ecke hochwertig an. Auf der Oberseite des MV7 findet sich eine Steuerung für die Mikrofonverstärkung, den Kopfhörerpegel, der Monitormischung und der Stummschaltung wieder, welches per Touch bedient wird. Die Bedienung funktioniert sehr gut und das Mikrofon macht grundsätzlich das was man will. Im MV7 selbst ist ein interner Schockmount verbaut und als Richtcharakteristik wird Unidirektional (nierenförmig) angegeben.
Der Frequenzbereich deckt 50 – 16.000 Hz ab, das Mikrofon ist von 0 bis +36 dB verstärkbar und hat eine Empfindlichkeit von -55 dBV(Pa (1.78 mV) bei 1 kHz (XLR). Und hier auch gleich noch eine kurze Entwarnung für all jene, die sich von meiner Einleitung erschrecken haben lassen: Das Mikrofon ist im XLR Betrieb sehr wohl für Instrumente geeignet, da es einen maximalen Schalldruckpegel von +132 dB SPL aufweist. Bedeutet, man könnte es für die Instrumentenaufnahme einer Trompete ohne Bedenken nutzen.
Die Besonderheit liegt bei den beiden Anschlussmöglichkeiten USB und XLR. Über den XLR-Anschluss kann das MV7 im Analogbetrieb genutzt werden und handhabt sich wie ein dynamisches Tauchspulenmikrofon. Der USB-Anschluss ermöglicht es jedoch das Shure Mikrofon direkt am PC, Mac oder auch am Telefon zu nutzen. Die Nutzung per USB wird über die hauseigene Software, die auf den Namen ShurePlus Motive hört, ergänzt und bringt eine ganze Palette an Features mit sich, welche ich weiter unten noch erläutern werden. Im USB Betrieb wird das Signal direkt im MV7 gewandelt (Interner Wandler mit Samplerate von 48 kHz und 24 Bit Auflösung) und man kann daher den Monitorausgang direkt am Mikrofon nutzen um seine eigene Stimme zu hören.
Und zu guter Letzt noch mein absolutes Highlight am Shure: Man kann beide Ausgänge parallel verwenden! So kann zum Beispiel während eines Livestreams, der USB-Anschluss gleichzeitig mit dem XLR-Anschluss genutzt werden. Die Datenmenge via USB ist viel geringer und daher streamingfreundlicher, wie jene über den XLR Ausgang. Die parallel aufgenommene Aufnahme via XLR kann dafür nach dem Stream nachbearbeitet werden und in guter Qualität dann zum Beispiel auf YouTube oder den Podcast geladen werden.
VOLLE POTENZIAL NUR MIT SOFTWARE
Das Shure MV7 ist für sich alleine gesehen bereits ein wirklich gut durchdachtes Stück Hardware. In Kombination mit dem ShurePlus MOTIV, entfaltet es aber seine wirkliche Größe. Zumindest wenn man das Mikrofon im USB-Betrieb hat. Die Software kann kostenlos runtergeladen werden und ist nach dem Installieren sofort einsatzbereit. Die Software funktioniert sowohl auf Windows und Mac einwandfrei. Motiv hat zwei Modi, zwischen denen man wählen kann: Auto Level und Manual. Ebenso kann man nur über die App die Firmware des Mikrofons updaten.
Im Autolevel Mode überlässt man die gesamte Arbeit dem Programm selbst und kann nur kleinere Tweaks vornehmen wenn man das wünscht. Natürlich kann man auch hier das Mikrofon stummschalten, wobei ich sagen muss, dass aufgrund der angenehm platzierten Mute-Taste direkt am MV7 diese Funktion von mir nie genutzt wurde. Ein wirklich geniales Tool ist die Distanzregelung des Mikrofons. Man kann hier zwischen nah und fern wählen. Dies wird vor allem für jene Creator von Interesse sein, die das Mikrofon nicht auf dem Bild haben wollen und es weiter weg vor sich hinstellen. Bei der Einstellung “Nah” hat man das Mikrofon dann direkt vor dem Mund und erzielt hiermit auch die besseren Ergebnisse. Nichtsdestotrotz macht Motiv einen guten Job in beiden Modi den Output optimal zu halten. Laut Herstellerangaben sollte man das Mikrofon bei der Nah-Einstellung etwa 3 bis 15 cm vom Mund entfernt haben und direkt in das Mikrofon sprechen. Bei der Fern-Einstellung werden hier 15-45 cm angegeben, was mehr als ausreichend ist um ein Mikrofon außerhalb der Aufnahme zu platzieren oder über einen Boomstick über den Köpfen der Sprechenden zu halten.
Als guter Letzt hat man noch die Möglichkeit zwischen drei Presets zu wählen: Dark, Natural und Bright. Motiv ändert zwar nicht die Stimme, verpasst der Stimme aber einen Bassboost bei der Einstellung Dark oder lässt die Stimme klarer wirken mit dem Setting Bright. Ich persönlich präferiere entweder Dark oder Natural, da Bright die Stimme unnatürlich klingen lässt. Die Entfernung habe ich stets auf nah und habe das Mikrofon ein paar Zentimeter von meinem Mund entfernt.
Im Manual Mode hat man dann schon etwas mehr Raum für Spielerein und Anpassungen. Natürlich nicht vergleichbar mit denen eines Audio-Interfaces, welches man per XLR anspielt, aber dennoch nicht unbeachtlich. Hier übernimmt nicht mehr die Software den Mic Gain, sondern diesen kann man manuell von 0 bis 36 dB einstellen. Monitor Mix und den Mute Button findet man natürlich auch hier. Jetzt wird es aber interessanter: Im Manual Mode kann man die EQ Settings anpassen, den Limiter aktivieren oder deaktivieren und sich mit dem Compressor spielen. Für die EQ Einstellung gibt es vier Möglichkeiten: Flat, High Pass, Presence Boost und High Pass & Presence Boost. Flat lässt das Mikrofon so wie es ist und man erzielt dadurch den “natürlichsten Input”. High Pass nimmt den Bass aus der Stimme und Presence Boost, welcher ausschließlich die höheren Töne beeinflusst. Die letzte Einstellung ist vor allem für jene interessant, die eher eine leise Stimme haben und sich gerne sehr nahe in das Mikrofon hineinlehnen. Wie sich die Unterschiede anhören, kannst du dir im nächsten Absatz anhören. Mit dem Limiter kann man ganz einfach das Audio Clipping reduzieren und der Compressor ist dafür gedacht, die dynamische Reichweite der Stimme zu reduzieren, also die Differenz zwischen dem leisesten und lautesten Ton.
UND WIE KLINGT ES?
Dann hören wir uns das gute Stück einmal an! Wir beginnen im Manual Mode. Das Mikrofon wird über einen Mac per USB-A angeschlossen und mit der Software Adobe Audition aufgenommen. Es wurde im Anschluss keine Bearbeitung vorgenommen. Die Modi im Manual Mode sind Flat, High Pass, Presence Boost und High Pass & Presence Boost.
Testaufnahme mit EQ Setting: Flat
Testaufnahme mit EQ Setting: High Pass
Testaufnahme mit EQ Setting: Presence Boost
Testaufnahme mit EQ Setting: High Pass & Presence Boost
Im Auto Level Mode übernimmt die meiste Arbeit das Mikrofon selbst. Hier kann man zwischen den Settings Dark, Natural und Bright wählen. Das Mikrofon wird in der Position “Nah” verwendet.
Testaufnahme mit Setting: Dark
Testaufnahme mit Setting: Natural
Testaufnahme mit Setting: Bright
Testaufnahme mit Setting: Natural und Fern
Als letzten Test sehen wir uns noch die Auto Level Funktion an. Ich werde mit dem Tone Natural meine Stimme in unterschiedlichen Lautstärken, aber mit konstanter Distanz aufnehmen.
USB ODER DOCH XLR?
Die größte Frage im Zusammenhang mit dem MV7 ist, ob man nicht direkt den nächsten Step auf das SM7b wagen sollte. Der große Bruder kostet rund 100 EUR mehr (Amazon & Thoman, vgl. am 15.11.2021) ohne die Kosten eines Audio Interfaces mit in die Rechnung aufzunehmen. Das Audio Interface würde man bei XLR Aufnahmen auch mit dem MV7 benötigen. Der große Unterschied bei den beiden Mikrofonen ist natürlich die Größe und die verbauten Materialien. Das SM7b ist einfach noch einmal um ein gutes Stück präziser, hat mehr Raum für Bass und klingt summa sumarum besser als das MV7. Als Conclusio kann daher festgehalten werden, dass das SM7b für den wirklichen professionellen Bereich gedacht ist. James Hetfield (Vocalist Metallica) nimmt zum Beispiel sehr gerne mit dem SM7b auf und man kann es auch perfekt für Instrumentalaufnahmen verwenden.
Ebenfalls muss man bei der Entscheidungsfindung noch zwischen Software und analogen Einstellung differenzieren. Das MV7 kann bestens im USB-Mod genutzt und mit der mitgelieferten Software angepasst werden. Das SM7b hat keine Software und man ist zwingend auf das zusätzliche Audio Interface angewiesen. Das MV7 könnte man schnell einmal einpacken und am Wahlort wieder aufbauen und dafür nur einen Laptop mitnehmen. Interviews, Vlogs oder dergleichen, können somit wunderbar realisiert werden.
Sehr ausführlicher Test. Habe mir die Audioaufnahmen angehört und das Teil klingt wirklich sehr gut. Wäre echt eine Überlegung wert, aber momentan nicht im Budget
Danke für den Testbericht! So schnell kann einem die Entscheidung bezüglich des Weihnachtsgeschenkes abgenommen werden. Ich wollte so oder so meinen Stream ein wenig aufpeppen.
Das hört man gerne! Gib uns dann Bescheid wie du es findest 🙂