Torment: Tides of Numenera | Test

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Ein Spiel so spannend und textlich facettenreich, dass alle anderen wie Kinderbücher wirken.

Torment: Tides of Numenera ist kein Spiel für jedermann. Wenn du ein Fan von dystopischen, mittelalterlich anmutenden Sci-Fi RPGs mit viel tiefgründiger Geschichte, vielen Dialogen, spannenden Charakteren, unerwarteten Gesprächsverläufen, gefinkelten Verhandlungstricks und Einfühlungsvermögen bist, dann ist es perfekt für dich und darf nicht in deiner Spielesammlung fehlen. Wenn du aber deinen Spielspaß nur mit Geschwindigkeit, Kampf und Explosionen an jeder Ecke entwickelst, dann ist T:ToN für dich wahrscheinlich „TL;DR“.

Torment: Tides of Numenera - Review Header

Torment: Tides of Numenera ist ein Spiel, das einen in seinen Bann zieht, wenn man es zulässt. Die Reise zu den Lösungen ist jedoch nicht wie Fast Food sondern Slow Food.

 

[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Nichts ist von Dauer[/perfectpullquote]

Reisen wir einmal ein kleines Stück in die Zukunft. So circa 100 Jahre. Wie wird es uns gehen, wie ist mit der Menschheit passiert in dieser Zeit? Schwer zu sagen, wenn man bedenkt, was in den letzten 100 Jahren alles passiert ist. Mit anderen Worten: Alles ist möglich. Torment: Tides of Numenera nimmt die Möglichkeiten dieser 100 Jahre und packt nochmal 9.900 Jahre dazu: Willkommen in der „neunten Welt“ auf unserer Erde. Dass es jetzt die 9. „Welt“ bzw. Zivilisation ist, bedeutet wohl, dass es die 8 davor nicht klug angestellt haben. Aber wie unsere Zivilisation haben alle etwas gemeinsam: die Zivilisationen davor sind rätselhaft, verbergen Geheimnisse, hinterlassen unklare Technologien und das Beantworten dieser Fragen wird ein Teil der jeweiligen, aktuellsten Zivilisation. Alle Überreste aus vorrangegangen Zeitaltern werden in der 9. Welt „Numenera“ genannt. Auch wir spielen einen Überrest, denn wir sind nur die Hülle für einen „wandelnden Gott“ gewesen. Dieser Schlawiner hat es bis jetzt immer geschafft, dass er sein Bewusstsein von einer Hülle zur nächsten übertragen konnte und so sein Leben auf unnatürliche Weise verlängert. Manche Körper verlässt er früher, manche später, aber immer mit dem Ziel einen frei von Fehlern zu besitzen. Wenn der wandelnde Gott aber nun einen Körper verlässt, dann ist das keine leere Hülle sondern wird mit einem eigenen Bewusstsein aus dem Nichts heraus erweckt – der frischeste Kandidat wären dann wir, der „letzte Verstoßene“. Im Intro erfahren wir, dass der wandelnde Gott zuerst seine vorherigen Hüllen noch umsorgte, aber über die Jahrzehnte wurde er kalt und abweisend. Das ist auch der Grund, warum wir eigentlich keine Ahnung haben wer wir sind. Aber eines erfahren wir sehr bald: „Der Kummer“ jagt uns.

[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Stille Wasser sind tief[/perfectpullquote]

Als Einzelspieler sind wir aber nicht alleine unterwegs, denn auch in der 9. Welt gibt es immer noch Gewalt, obwohl Kämpfe oft durch einen gut geführten Dialog vermieden werden können. Im Laufe des Spiels schließen sich Gefährten uns an oder verlassen uns. Wir können Sie in Kämpfen oder beim Einsatz von bestimmten Handlungen als Unterstützung einsetzen und so unsere Chancen verbessern. Wir selbst sind aber auch nicht auf „der Nudelsuppen“ daher geschwommen und starten ins Spiel mit einem selbst gewählten Bewusstsein und den passenden nützlichen Fähigkeiten. Möchten wir lieber ein kämpferisches (Glaive), gerissenes (Jack), oder magisches (Nano) Bewusstsein mit den dazugehörenden Attributen haben? Auf dieser Basis können wir dann oftmals Gespräche oder Handlungen (abhängig von der Klasse) leichter in die uns gewünschte Richtung beeinflussen. Das will nämlich auch gut überlegt sein, denn jedes Gespräch und jede Handlung hat Auswirkung auf den gesamten Spielverlauf durch die Tides (Gezeiten) und somit auch auf die Reaktionen der anderen Charaktere. Lerne die Welt kennen, lerne ihre Kreaturen kennen, lerne deine Vorgänger kennen, lernen dich kennen und den Wert d(ein)es Lebens.

 

[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=“#f84103″ class=““ size=““]Wie ist nun das Spielerlebnis in der 9. Welt?[/perfectpullquote]

Im Ganzen betrachtet ist der Spielverlauf fließend, aber auch nicht einwandfrei. Bei der Version für die Xbox One laufen wir als letzter Verstoßener nicht ohne winzige, kleine Ruckler. Das Umfeld dagegen mit all seiner Geschichte und den Überresten aus acht Zivilisationen und verschiedenen Kreaturen, ist hochwertig designt und man spürt die individuell angepassten Atmosphären der Orte. Die Musik ist mit den Umgebungsgeräuschen unterschiedlich intensiv gemischt; teilweise intensiv und manchmal kaum existent, aber immer zum Ort und der Stimmung passend. Es verwirrt, dass wenige Gespräche ohne erkennbaren Grund vertont sind. Davon abgesehen verbringen die Augen die meiste Zeit des Spiels sowieso am unteren Spielrand um lesen, verstehen und antworten zu können. Auch hier ist wieder kein eindeutiges System erkennbar, denn bereits gestellte Fragen scheinen wieder auf, werden aber anders formuliert, oder verschwinden dann doch, nur ausgegraut werden keine. Das Kampfsystem ist abgesehen von einer kurzen Einführung nicht leicht durchschaubar, was vor allem durch die Tatsache erschwert wird, dass man sich schnell einer Übermacht gegenüberfindet und man dann dem Ausmaß seiner Fähigkeiten und die seiner Gruppe nicht ganz Herr wird. Mit der Zeit kommt die Übung und Sterben per se ist sowieso mehr eine Reinkarnation, also gilt hier mehr: Probieren geht über Studieren – was wiederrum den Charme des Spiels ausmacht. Es sei noch angemerkt, dass sich in den Texten ein paar Tippfehler einfinden, aber das passiert auch in den besten Büchern.

 

Torment: Tides of Numenera ist ein Spiel, das einen in seinen Bann zieht, wenn man es zulässt. Die Reise zu den Lösungen ist jedoch nicht wie Fast Food sondern Slow Food. Wer bereit ist, alle Zutaten kennenzulernen, diese sich selbst zusammenzutragen, alles vorzubereiten, zu kochen und dann jeden Bissen langsam genießt, der kann sich Torment: Tides of Numenera lange und oft auf der Zunge zergehen lassen. Pro Mahlzeit 30 Stunden und mehr. Wer den Vorgänger „Planescape: Torment“ liebte, wird auch dieses Spiel lieben. Es ist jedoch – auch wenn es schon knapp dran ist – keine Ambrosia. Man merkt, dass an einigen Stellen das Salz vernachlässigt wurde und das kann dann einen leicht bitteren Beigeschmack hinterlassen, aber über Geschmäcker lässt sich bekanntlich streiten.

PRO

  • Viele Lösungsvarianten
  • Interessante Charaktere
  • Ausgeschmückte Dialoge
  • Für fantasievolle Leser
  • Immer neu durchspielbar

KONTRA

  • Leichtes Ruckeln
  • Geringe Soundvariatonen
  • Unregelmäßige Vertonung
  • Für fantasievolle Leser
8.2

Grandios

Gameplay - 8.4
Grafik - 8.5
Sound - 5.5
Inhalt - 9.7
Atmosphäre - 9
Seit jungen Jahren bin ich ein Freund der digitalen Unterhaltung und ich genieße ein gutes Spiel wie ein gutes Buch. Es ist immer eine Mischung aus Spannung, Spaß, Angst, Trauer und kein bisschen ein Gefühl der Reue, dass eine Sekunde zu viel investiert wurde. Stealth, Shooter und Fantasy-Spiele sind mir die liebsten, denn die haben mir die meisten Weisheiten für das Leben mitgegeben ????
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