Vollmond. Schneidender Wind im Wald. Ein tiefes, grausames Knurren und zwei leuchtend gelbe Augen sind im Gebüsch zu vernehmen. Das letzte was die schlecht ausgebildete Sicherheitsfachkraft am Tor wahrnimmt ehe sie in Stücke gerissen wird. Werewolf: The Apcalypse – Earthblood ist (neben dem überaus langen Titel) der nächste blutige Ableger von Cyanide Studios nach dem Überraschungshit Styx. Einen Schritt weiter durch Blut und Eingeweide wagt sich das Entwicklerstudio zu einem ernsteren Thema mit angeblich mehr Tiefgang. Ob der Sprung von Goblin zum Wolf geglückt ist, erfahrt ihr im nachfolgenden Review.
APOKALYPSE WUFF
Mit Werewolf: The Apocalypse – Earthblood erlebt das Werwolf-Genre (welchem übrigens viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird) einen neuen Ableger. Alte, verstaubte Ideen sollen in neues Fell gepackt werden. Dazu aber später mehr. Vorerst zur Geschichte: Nun ja … rasanter wurde ich noch in keine Mainstory geschmissen. Knappe Worte über den Hintergrund, ein Intro-Video ähnlich einem Teaser und mit kurzen, knappen Anweisungen befinden wir uns schon mitten im Geschehen.
Soweit bin ich mitgekommen: Auf der Erde scheint es drei Hauptmächte zu geben: Die Wyrm, die Wyldnis und die Weber. Die Wyldnis stehen für den Anfang und das Aufleben und stellen einen wichtigen Aspekt im Kreislauf der Natur dar. Die Weber ist jene Macht, welche alles zusammenhält und mit einander verknüpft. Und die Wyrm stellen den wichtigen Aspekt des Endes und des Todes dar. (Alle Fans der Pen and Paper Vorlage mögen mir die Unschärfe verzeihen). Das dreifache Gleichgewicht scheint jedoch in Gefahr, da der Aspekt der Wyrm überhandnimmt. Dies findet in Form eines übermächtigen Konzerns namens Endon statt, welcher die Umwelt verpestet und für mehrere Katastrophen verantwortlich zu sein scheint. Die Werewolf, als Kinder Gaias, sind für das Gleichgewicht mit verantwortlich und gerufen den außer Kontrolle geratenen Konzern, Einhalt zu gebieten.
Und hier kommen wir ins Spiel. Jungvater, liebender Ehemann und Werwolf Cahal. Zusammen mit anderen nichts-sagenden unwichtigen Charakteren bilden wir die Widerstandsgruppe zur Rettung des Planeten. Darunter befindet sich ein grimmiger Rudelanführer, der Techie, die Geliebte Ehefrau (natürlich) und unsere Tochter … Vater-Tochter-Zeit und so … Wir starten vor der alles beendeten Mission den bösen Konzern ein für alle Mal das Handwerk zu legen. Natürlich können wir in das außerordentlich gut bewachte Konzern-HQ nur eine Person einschleusen. Wen nehmen wir? Den athletischen aggressiven Hauptcharakter, welcher schon allen mit Augenkontakt die Hälfte der Wachen verscheuchen könnte? Den erfahrenen Rudelanführer mit tausend Schlachten Erfahrung und einem Waschbrettbauch stärker als Beton? Unseren Techie, welcher nur von außen per Steckdose diese gesamte Firma hacken könnte? Ha! Natürlich nicht! Wir schicken die einzige Person ohne Fähigkeiten, Muskeln oder Erfahrung. Diese kann sich in keinen Werwolf verwandeln und nimmt nicht einmal eine Waffe mit! Dass das schief geht … hätte niemand vorhersehen können …
[g-slider gid=“56193″ width=“100%“ height=“45%“]ANSCHLEICHEN AUF LEISEN PFOTEN
Werewolf versucht den aktuell vorherrschenden Trend nachzukommen, dem Spieler die Möglichkeit zu geben per Stealth oder Action zum Ziel zu gelangen. Wobei Ziel hier zumeist, das Erreichen von gewissen Räumen oder Terminals gemeint ist. Wir können uns per Knopfdruck in die Wolfsform verwandeln, um uns beispielsweise durch enge Schächte oder Kanäle zu zwängen. Bewaffnet mit einer zusätzlichen Armbrust sind wir ausreichend leise bewaffnet, dass uns keine herannahende Wache hört. Maximal der Geruch eines nassen Hundes schreckt die Wachen auf und lässt das Erkennungssymbol über deren Köpfen rot aufleuchten. Die Intelligenz hält sich in Grenzen und ist absolut vorhersehbar. Das Leveldesign lässt (leider) wenige Alternativ-Routen offen, was die Stealth-Erfahrung stark schmälert.
Der Action-Anteil ist dafür umso gewaltsamer. Auf Knopfdruck verwandeln wir uns in den zweibeinigen Werwolf mit Krallen so groß wie Rambos Klinge und metzeln uns durch die heranstürmenden Gegnermaßen. Hierbei steht uns eine breite Palette an Hieben und Angriffen zur Verfügung: Schnell. Schwer, Griff, Sprung vorwärts u.Ä. Das Kampfgeschehen ist leicht beherrschbar und abwechslungsreich – die Gegner allerdings nicht. Es gibt das normale Fußvolk, welches gleich beim ersten Windhauch umfällt. Andere sind mit Schrotflinten bewaffnet und richten um einiges mehr Schaden an. Andere wiederum sind mit Schildern oder gar mit Silberkugeln ausgestattet. Letzteres nimmt uns bei Treffer für den Kampf ein Fixum an Lebensenergie ab. Jedoch lässt sich der verbleibende Balken auf Tastenkombination wieder heilen. Praktisch.
Die Gegner stürmen schier endlos durch Schiebetüren, welche man zuvor im Stealth-Abschnitt manipulieren kann. Dann nehmen die Wachen beim Durchschreiten Schaden und sind für den Kampf bereits vorbelastet. Nette Idee, aber nichts Bahnbrechendes.
BLUT, NICHTS ALS BLUT
Zugegeben ist die Blutfontäne groß und anschaulich. Grafisch nimmt Werewolf Anschluss an alte PS3-Spiele. Die Charaktere sind stocksteif und leblos. Die Dialoge wirken aufgesetzt und sind sehr leblos gestaltet. Die Umgebung ist mehr als Tod und bietet fast keine Hingucker. Alles in Allem wirkt das Spiel einfach veraltet. Jedoch läuft die Action flüssig von der Hand, was jedoch beim alten Grafikstand für die PS4 Pro kein Hindernis sein darf.
Die absolut biedere Geschichte verbirgt leider viel Potential. So hätte man starken Anschluss an bekannte Geschichten wie Underworld oder von mir aus auch Twilight nehmen können. Die Paarung von Fell und böser Konzern ist mir allerdings zu trist und abgestanden. Schade. Ansonsten gibt es noch ein Rollenspiel-Element, welches allerdings auch kaum der Rede wert ist. Der Fähigkeiten-Baum umfasst knapp 15 Fertigkeiten, die es zu erlernen gilt. Mehr Schaden, bessere Heilung und so weiter. Wie man Erlernen kann, dass auch Armbrustpfeile Kameras ausschalten ist mir zwar ein Rätsel, kommt allerdings auch vor. Also auch an dieser Front absolut Null Innovation.
Die Wertung hält sich in Grenzen 🙂 Hätte eigentlich gedacht, dass es ganz gut ist… sah zumindest so danach aus