BioWare ist zurück! – Ein Satz, den Fans der Dragon Age-Reihe fast schon aufgegeben hatten zu hören. Nach dem umstrittenen Anthem und gemischten Reaktionen auf Dragon Age: Inquisition zweifelten viele daran, ob das legendäre Entwicklerstudio je wieder an alte Erfolge anknüpfen könnte. Doch Dragon Age: The Veilguard scheint wie ein Licht in der Dunkelheit und bringt das Gefühl zurück, das Fans an Spielen wie Dragon Age: Origins und Mass Effect 2 liebten. Dieses neueste Kapitel entführt uns in die mythische Welt von Thedas, in der eine unbekannte Bedrohung die Balance zwischen Menschen, Magiern und den sagenumwobenen Eldern zu erschüttern droht. Kann das Spiel halten, was es verspricht? Lasst uns eintauchen in ein Abenteuer voller Magie, Kämpfe und Entscheidungen, die das Schicksal von Thedas für immer verändern könnten.
Vom Nebel ins Abenteuer: Die faszinierende Welt von Veilguard
Kaum hat man den ersten Schritt ins nördliche Thedas von Dragon Age: The Veilguard gesetzt, wird sofort klar, dass man sich auf ein Abenteuer begibt, das sich deutlich vom Vorgänger Inquisition abhebt. Das Spiel weicht von der traditionellen Open-World-Struktur ab und setzt stattdessen auf gezielt designte, verschachtelte Karten. Diese erinnern eher an die verzweigten Korridore und geheimnisvollen Gänge aus Star Wars: Knights of the Old Republic. Die Welt von Veilguard beweist: Weniger kann mehr sein. Das Setting fühlt sich zugleich groß und fokussiert an, voller clever platzierter Geheimnisse, versteckter Wege und interessanter Details, die darauf warten, entdeckt zu werden.
Von den zerklüfteten Felsen von Kal-Sharok, die wie ein schützendes Bollwerk wirken, bis hin zu den majestätischen, schwebenden Ruinen von Arlathan – jeder Ort in Veilguard ist atemberaubend gestaltet und lädt zum Erkunden ein. Besonders bemerkenswert sind die schmalen, steilen Pfade und die dramatischen Höhenunterschiede in Minrathous. Hier merkt man, wie viel Liebe zum Detail in das Level-Design geflossen ist. Trotz der teils engen Gänge und den herausfordernden Abschnitten fühlen sich die Areale stets offen und einladend an, als ob hinter jeder Ecke eine neue Entdeckung wartet. Veilguard zeigt, dass durchdachte, aufwendige Kartenstrukturen ebenso faszinieren können wie eine riesige Open-World, wenn sie richtig umgesetzt werden.
Charakter-Design vom Feinsten: Wo Stil auf Funktion trifft
Für RPG-Fans, die gerne Stunden im Charakter-Editor verbringen, ist Veilguard ein wahres Fest. Die Möglichkeit, den Protagonisten Rook bis ins kleinste Detail zu gestalten, schafft eine tiefere Bindung, die das Spielerlebnis intensiviert. Man fühlt sich nicht nur als Spieler, sondern als Schöpfer, der Rooks Aussehen, Haltung und Rüstung genau nach den eigenen Vorstellungen formt.
Hier glänzt das Spiel mit einem Detailgrad, der weit über die Standards hinausgeht. Besonders auffällig sind die Haare: Veilguard bietet einige der natürlichsten und dynamischsten Haaranimationen, die es bisher in Videospielen zu sehen gab. Die Rüstungen und Waffen wirken wie modische Meisterwerke – und das ist als großes Kompliment gemeint.
Auch Rooks Begleiter bieten visuell und charakterlich echte Highlights. Der stoische Graue Wächter Davrin, dessen abgenutzte Rüstung seine lange Kampfgeschichte erzählt, und der sarkastische Nekromant Emmerich, der durch seine elegante, fast noble Erscheinung hervorsticht, sind nur zwei der vielen einzigartigen Charaktere. Jeder Begleiter bringt nicht nur eine eigene Geschichte, sondern auch einen eigenen Stil ins Team ein. BioWare versteht es, Charakterdesign auf höchstem Niveau zu präsentieren – sowohl in Bezug auf die Optik als auch auf die Persönlichkeiten.
Kampf: Actionlastig, aber mit taktischem Einschlag
Die Kämpfe in Veilguard sind eine gelungene Mischung aus Action und Taktik. Zwar entfernt sich das Spiel deutlich von den klassischen, eher strategisch geprägten Gefechten aus Dragon Age: Origins, doch das schnelle, actionreiche Gameplay überzeugt. Kombos und Fähigkeiten sind gut durchdacht und regen dazu an, kreative Strategien zu entwickeln. Die Kämpfe sind dynamisch, flüssig und von visuell beeindruckenden Effekten begleitet, auch wenn in hektischen Bosskämpfen das Bild von Blitzen und Explosionen nur so wimmelt. Auf hohen Grafikeinstellungen läuft das Spiel mit stabilen 60 FPS, was die Freude am schnellen Gameplay noch steigert.
Ein kleiner Kritikpunkt: Die Begleiter sind im Kampf weniger eigenständig. Sie wirken oft wie eine Erweiterung des Hauptcharakters und haben keine eigenen Gesundheitsleisten. Ihre Fähigkeiten sind begrenzt, und wenn Rook fällt, ist der Kampf verloren. Dadurch geht eine gewisse taktische Tiefe verloren, die viele Spieler aus den älteren Teilen der Serie gewohnt sind. Allerdings bietet die Vielfalt der Waffen, Rüstungen und lootbaren Gegenstände einen Anreiz, verschiedene Strategien auszuprobieren und stets neue Kombinationen zu testen, was das Kampfsystem insgesamt abwechslungsreich macht.
Die besten Geschichten schreibt das Leben – oder BioWare?
In echter BioWare-Manier liegt das Herzstück von Veilguard in den vielschichtigen Charakteren und deren Hintergrundgeschichten. Die sieben Gefährten, die den Spieler begleiten, sind keine bloßen Sidekicks, sondern echte Persönlichkeiten mit eigenen Motivationen, Ängsten und Zielen. Statt den typischen Nebenquests wie „Sammle fünf Wolfsfelle“ erwarten die Spieler hier tiefgehende, emotionale Geschichten, die die Bindung zu den Figuren verstärken. Die Begleiter-Quests erinnern an die legendären Loyalitätsmissionen aus Mass Effect 2 und bieten mindestens genauso intensive und ergreifende Erlebnisse.
Davrin, der ernste und disziplinierte Graue Wächter, und sein Greif Assan, der ihm stets treu zur Seite steht, sind ein Duo, das man schnell ins Herz schließt. Der charmant-makabre Nekromant Emmerich bringt frischen Wind und einen Hauch schwarzer Magie in die Truppe. Jeder dieser Gefährten ist einzigartig, hat eigene Handlungsstränge und entwickelt sich im Laufe des Spiels weiter. Diese emotionalen, oft sehr persönlichen Geschichten machen das Spielerlebnis zu etwas Besonderem und erinnern daran, warum BioWare für viele das Synonym für großartige RPG-Erzählkunst ist.
Eine Geschichte, die das Herz berührt – und alte Verbindungen abreißt
Die Hauptgeschichte von Veilguard ist episch und voller unerwarteter Wendungen, wenn auch nicht völlig frei von Klischees. Der Spieler muss Fraktionen vereinen, ein mächtiges Übel bekämpfen und dabei moralisch schwierige Entscheidungen treffen. Solas, der mysteriöse Dread Wolf, bleibt eine schattenhafte Figur, die durch seine Präsenz immer wieder die Frage aufwirft, ob er ein Feind oder möglicherweise doch ein Verbündeter ist.
Für Fans der alten Spiele bleibt jedoch ein Wermutstropfen: Entscheidungen aus den früheren Teilen der Serie haben kaum Einfluss auf die Handlung von Veilguard. Verbindungen zu Origins, Dragon Age 2 und Inquisition sind schwach, und bekannte Figuren wie der Graue Wächter aus Origins bleiben abwesend, obwohl bekannte Orte und Ereignisse aus ihrer Geschichte aufgegriffen werden. Für alteingesessene Fans kann dies ein bittersüßes Gefühl hinterlassen – als ob die Serie sich von der Vergangenheit verabschiedet und gleichzeitig einen Neuanfang wagt.
Der Höhepunkt: Ein Finale voller schwerwiegender Entscheidungen
Das große Finale von Veilguard zeigt einmal mehr BioWares Talent für moralisch herausfordernde Entscheidungen und emotionale Tiefe. In den letzten Spielstunden muss man sich schwierigen Dilemmas und schmerzhaften Opfern stellen. Entscheidungen, die zu echten Verlusten führen, zwingen den Spieler, sein Vorgehen genau zu überdenken.
Doch kluges, vorausschauendes Handeln wird belohnt und führt zu einem Ende, das dramatisch, überraschend und zutiefst befriedigend ist. Veilguard bietet hier ein Ende, das sich wie der Höhepunkt einer Reise anfühlt – ein Erlebnis, das noch lange nach dem letzten Bildschirm in Erinnerung bleibt.