Lange, lange mussten sich Fans gedulden. Als damals Square Enix die Bombe platzen ließ und ankündigte, dass eines, wenn nicht DER beste Teil der Final Fantasy Serie ein komplettes Remake (herausgestellt hatte sich später, dass es drei Teile werden sollen) erhält, war die Euphorie riesig. Auch bei mir, denn Final Fantasy 7 war für mich einst ein Zufallskauf, der mich in meiner Karriere als Zocker neue Welten entdecken ließ. Ein Spiel, mit dem man sich 50 bis 100 Stunden beschäftigen kann, das war mir anno 1997, oder ein Jahr später (da drüben mich meine Erinnerungen) etwas komplett Neues.
Im April 2020 war es dann endlich so weit, Final Fantasy 7: Remake erschien und wir bekamen einen eigentlich recht kleinen Teil der komplexen und umfangreihen Story von FF7 rund die Protagonisten Cloud, Tifa, Aerith und Barret serviert. Gelungene Grafik, komplette Vertonung, starke Effekte, ein noch viel besseres Storytelling und unglaublich fette Cut-Scenes zeichneten dieses Spiel aus. Aber die Entwickler schafften es auch, dass trotz neuer Grafik, neuem, actionreicherem Kampfsystem und einigen Veränderungen der Story, der Charme erhalten, und auch genügend Nostalgie vorhanden blieb. Ungefähr 40 Stunden konnten wir in der Stadt Midgar mit Cloud und Co. Abenteuer erleben und bekamen gegen Ende einen derben Cliffhanger. Dass das große Warten dann erst losging, war mir damals nicht bewusst und so dauerte es vier Jahre bis der zweite Teil mit dem Titel Final Fantasy: Rebirth endlich den Weg in meine Playstation fand.
A bigger World
Dass das Ganze so lange gedauert hat, wird nun aber endlich entlohnt. Man startet nahtlos nach den Geschehnissen von Remake und kann nach einem umfangreichen Prolog, der auf mehreren Zeitebenen stattfindet, raus in die Open World. Und die ist riesig. Einst war die sogenannte Oberwelt in FF7 nichts anderes als Mittel zum Zweck. Man marschierte mit einem Mini-Cloud durch eine schwammige Polygonwelt von Gebiet zu Gebiet bzw. Dungeon oder Stadt und hatte dort eigentlich nichts zu tun außer Zufallskämpfe zu bestreiten. Nun haben wir eine klassische Open World mit Sammelzeug, Nebenmissionen und tyischem Open-World Kram, die zum Entdecken einlädt. Die alten Gebiete wurden dabei detailliert und liebevoll umgesetzt und es gibt immer etwas zu entdecken, zumindest was Grafik und Ausblick betrifft. Aber natürlich ist auch die Open World der größte Zeitfresser in Final Fantasy 7: Rebirth.
Die Reise geht weiter
Nachdem Cloud und die genannten Mitstreiter „Midgar“ als eine Rebellengruppe namens Avalanche sogenannte Mako-Reaktoren – Energiekraftwerke, die den Planeten aussaugen und zerstören – vernichtet haben und in der finalen Eskalation halbwegs als Sieger hervorgingen, landeten diese vor der besagten Stadt und uns wurde offenbart, dass – Achtung Spoiler – ein gewisser Zack noch lebt. Somit waren die Karten neu gemischt. Im Original war Zack ein alter SOLDAT-Kamerad aus seiner Armee-Zeit, der schon lange nicht mehr lebt. In der neuen Fassung spielt dieser aber wohl eine neue, wichtiger Rolle und damit ist auch nicht gesagt, ob der große, tragische Verlust gegen Ende der kompletten Story in dieser Variante überhaupt passieren wird. Es bleibt also auch nach dem Abspann von Rebirth spannend.
Cloud ist aber weiterhin auf Rache aus und verfolgt seinen verrückten Mentor Sephiroth. Dabei ist es schon sehr genial, dass man diese übermenschliche Kampfmaschine neben Zack im Prolog sogar selber steuern dürfen. Aber nicht nur das; Red XIII, ein sprechender Hund, den wir im Vorgänger schon kennen lernten, schließt sich nun vollumfänglich der Gruppe an und kann nun aktiv gesteuert, aufgelevelt und mit Ausrüstung ausgestattet werden. Im Verlauf sollen dann auch noch zwei weitere Charaktere, wie die Materia-liebende Yuffie, die man im DLC von Remake schon spielen durfte, sich der Gruppe fix anschließen. Die zwei verbleibenden Kameraden aus dem Original sollen hier aber noch nicht weiter gespoilert werden.
Auf der Jagd nach Sephiroth, XP und Materia
Aber genug der Geschichte, denn wer diesen Test hier liest, wird hoffentlich ja doch Remake schon gespielt haben oder sogar das Original kennen, denn die komplexe, teils verwirrende und mit einigen Wendungen ausgestattete Geschichte ist bis heute schwer zu erklären, hat aber nichts an Magie und Charme verloren.
Nachdem Cloud in der naheliegenden Stadt Kalm seine Geschichte den Kollegen offenbarte und die bösen Schergen der Firma Shinra ihnen weiterhin auf den Fersen sind, entschließt die Truppe weiter Sephiroth, der durch seine Suche nach seiner „Mutter“ Jenova – der Antagonist wurde eigentlich im Reagenzglas gezüchtet – eine weit größere Gefahr noch als der machtgeile Konzern Shinra darstellt, weiter zu verflogen. Die Reise, in der sie immer wieder auf Freunde und Feinde verschiedenster Lager treffen ist turbulent, hat aber auch seine ruhigen Momente, in denen die Charaktere an Tiefe gewinnen, man sich Zeit für die Open World nehmen, oder ein paar Minispielchen erledigen kann.
Cloud und seine Truppe begeben sich quer über mehrere Kontinente und haben auf dem Weg aber auch einiges zu tun. Kollege und Forscher Chadley, der im ersten Teil schon eine Rolle spielte, bekommt noch eine viel tragendere Rolle. Der etwas nervige Junge gibt uns nämlich fast sämtliche Open World Aufgaben und ruft uns bei jeder noch so kleinen Aufgabe an. Er möchte Feldforschungen in Form von Kämpfen gegen spezielle Gegner, die man auch in einer bestimmten Zeit töten muss, verlangt Untersuchungen von Mako-Kristallen, lässt uns Türme aktivieren und mächtigen Bestia untersuchen bzw. schwächen. Letzteres hat den Vorteil, dass man in einem VR-Kampf selbige dann freischalten kann. Aber zu den legendären Kreaturen, die in Final Fantasy seit jeher in jedem Teil eine wichtige Rolle spielen, später mehr.
Das mag formelhalft klingen, ist es auch, denn bald haben wir zahlreiche Symbole auf der Karte, zu denen sich dann noch Points of Interest mit versteckten Truhen, Fotospots und eben Minispiel-Möglichkeiten gesellen, die wir abarbeiten können. Es ist nun kein Zwang das alles zu machen, doch bringt es gewaltige Vorteile, Charakter- und Gruppen-XP, sowie neue Waffen, Zauber und weitere Ausrüstung. Und irgendwie langweilt das auch in späteren Gebieten nicht, da die Welt einfach wunderschön ist und man mit seinem Reittier, dem Chocobo, sowie großzügigen Schnellreise-Optionen relativ flott jede Ecke abgeklappert hat, ohne groß leere Laufzeiten zu haben. Mit dem Vieh kann man aber auch noch vergrabene Schätze finden, da diese Chocobos gute Riecher haben. Außerdem gibt es Crafting-Materialien ohne Ende in der offenen Welt. Und natürlich ist die Welt nicht nur voll mit NPCs und einigen Wildtieren, auch Gegner gibt es zur Genüge, denn die Open World wirkt lebendig, detailreich und liebevoll gestaltet. Leider findet man aber gerade NPCs und wirklich lebendige Gegenden nur in Städten, denn in der offenen Welt stehen da nur selten welche rum, was irgendwie schade ist.
Aber Highlight sind auf jeden Fall die detaillierten und großen Städte, in denen es immer was zu entdecken und zu tun gibt. Auf einem Board finden wir Nebenaufträge, wir können mit vielen NPCs reden, neue Waffen, Materia (Magiekristalle) und Ausrüstung kaufen und müssen oft Aufgaben erledigen, ehe wir in der Story voranschreiten können. In Junon muss sich Cloud zu Beispiel unter Soldaten mischen, „seine“ Soldatentruppe zusammentrommeln und eine Parade anführen. Schafft man dieses Quickt-Time Event, das ein bisschen an Guitar-Hero erinnert, gibt es nämlich Belohnungen.
Kämpfen am Limit
Aktiv können drei der nun sieben spielbaren Hauptcharaktere im Kampfgeschehen teilnehmen. Meist ist da Cloud der Anführer, wobei es auch mal sein kann, dass sich die Gruppe teilt und zB. Yuffie die Führung übernimmt. Cool ist dabei, dass in der Welt alle anderen Charaktere aber auch sichtbar mitlaufen und im Kampf auch zumindest am Rand so tun, als würden sie auch mitkämpfen. Das Kampfsystem hat sich zum Vorgänger nicht groß geändert, weshalb ich es kurz halte: Man steuert den Anführer und kann über die Schultertasten den Kameraden die Ausführung von Fertigkeiten und Magie befehlen, aber auch aktiv zu einem der Mitstreiter wechseln. Jeder spielt sich dabei anders, denn Cloud hantiert mit seinem riesigen Schwert, Tifa geht mit den Fäusten in den Nahkampf, Yuffie schmeißt ihre Shuriken und Barret ballert mit seiner am Arm montierten Knarre und ist natürlich dadurch anders zu steuern.
Anhand von Cloud: Mit Quadrat prügelt man auf Gegner ein, wodurch sich der sogenannten ATB-Balken füllt. Man hat regulär zwei Segmente, die sich auffüllen. Ist einer voll, kann man Magie, durch die in die Waffe eingesetzten Materia wirken, eine Fähigkeit, die teilweise durch neue Waffen, erweitert werden, oder einen Gengenstand nutzen. Manche Fähigkeiten benötigen jedoch gleich zwei volle Balken. Dieser füllt sich aber auch, wenn man gut blockt oder ausweicht, denn auch das ist bei den Action- und Effektreifen Kämpfen bitter nötig. Außerdem kann man in eine andere Kampfhaltung wechseln, die mehr Schaden austeilt, Cloud aber verletzlicher macht. Zudem füllt sich auch der Limit-Balken langsam auf. Dieser entfesselt mächtige Fähigkeiten, die aber nur in längeren Kämpfen zum Einsatz kommen. Ebenso verhält es sich mit den mächtigen Bestia wie Ifrit, Shiva, Ramuh oder Alexander. Diese ruft man zur Hilfe und kämpfen für einen bestimmten Zeitraum mit. Mit vollen ATB-Balken kann man aber auch Fähigkeiten der Bestia auf die Gegner niederprasseln lassen. Außerdem verabschiedet sich der mächtige Verbündete stets mit einer weiteren Fähigkeit, wenn die Zeit abgelaufen ist.
Ganz neu sind die Synchro-Fertigkeiten. Man kann nämlich während des Blockens kurze Manöver mit den anderen Mitgliedern triggern. Aerith, die eher als Supporterin und Heilerin dient, kann zB Cloud zur Hilfe rufen, wenn es brenzlich wird, so spawnt dieser nach der richtigen Tastenkombi direkt vor ihr und holt sich im besten Fall die Aggro der Gegner. Eine Zweite Varianter der Synchro-Angriffe gibt es aber auch noch. Haben die drei Kämpfer und Kämpferinnern nämlich schon einige Moves ausgeführt, ist es möglich starke Synchro-Angriffe zu starten, die nicht nur richtig gut aussehen, sondern auch fett reinhauen und Boni wie einen dritten ATB-Balken oder die Möglichkeit für kurze Zeit zu zaubern, ohne Mana zu verbrauchen.
Und so sind die Kämpfe dynamisch, fordernd, spannend und teils auch schweißtreibend, vor allem wenn man in dem Getümmel die Lebensbalken der Mitglieder aus den Augen verliert. Aber allen voran machen diese auch einfach Laune.
Looten, Leveln und weiterer Zeitvertreib
Nach den Kämpfen, aber auch für diverse Aufgaben gibt es XP für die Charaktere und bei einem Level-Up sogenannte WP (Waffen-Punkte), Gil (Geld) und auch Gruppen-XP. Die WP investiert man in einem Skill-Tree, in dem man neue Synchro-Fertigkeiten, Boni für die Stats, diverse elementare Fähigkeiten und weitere Vorteile pro Charakter freischaltet und das Geld investiert man in neue Waffen, Materia und Gegenstände. Die Gruppen-XP verdient man sich vorrangig aber mit Side-Quests und dem Voranschreiten der Hauptstory. Im Inventar kann man neben der Waffe aber auch noch einen Armreif und ein Accessoire anlegen und darin wieder die mächtigen Materia, je nach Slot-Menge, einsetzen. Materia sind in dem Spiel in Kugeln gegossene Magie wie Feuer, Blitz, Heilung usw. – diese leveln aber auch mit und werden somit mächtiger. Zudem kann jeder Charakter zu Anfang eine Bestia-Materia einsetzen. Die Accessoires geben dafür verschiedene Boni und verbessern die Stats.
Neue Accessoires und Gegenstände kauft man vorrangig in Städten und an Automaten, jedoch kann man diese nun auch selbst craften bzw. synthetisieren, wie es in dem Spiel heißt. Dafür sammelt man die zahlreichen Crafting-Materialien im Vorbeilaufen und nutzt diese dann jederzeit im Menü oder verkauft sie gegen Gil.
Neben den erwähnten Open World Aufgaben gibt es aber noch einiges zu tun. Allen voran sei Queens Blood erwähnt, ein cooles und kniffliges Kartenspiel. Ähnlich wie bei Quent aus Witcher 3, kann man bestimmte NPCs zum Duell herausfordern und diesen dann eine neue Karte abluchsen oder auch welche in Booster-Packs bei diversen Händlern kaufen. Die Jagd nach den Karten macht einfach Spaß. Dazu kommen immer wieder Mini-Spiele wie die Soldaten-Parade, das legendäre Fort Kondor (eine Art Towerdefense und -attack), Trainings-Einheiten im Gym oder Chocobo-Rennen. Dabei nehmen sich die Entwickler nicht allzu ernst und toben sich ähnlich wie man es von den Like A Dragon (Yakuza) Spielen her kennt, aus. Auch gegen Ende und bzw. vor allem an der Costa Del Sol und im Spieleparadies Gold Saucer häufen sich diese Spiele immer weiter und so kommen auch im späteren Verlauf weitere Überraschungen zum Vorschein.
Und zu guter Letzt seien noch kurz die Nebenquests erwähnt. Die sind zwar etwas spannender und kreativer als bei Final Fantasy 16, haben aber auch oft typische Mechaniken. Eskortiere und beschütze jemanden, bringen etwas von A nach B oder Töte Monster X, sind dabei keine Seltenheit, doch die Nebenaufgaben haben stets interessante Geschichten zu bieten und es bleibt in einer überschaubaren Menge. Außerdem überrascht dann manch Nebenquest doch durch mehr Kreativität und wenn Cloud mit einem Bastkörbchen Blumenpflücken geht, dann ist das halt einfach zu komisch, als dass man da böse sein könnte.
Die Technik
Die Grafik von Final Fantasy: Rebirth ist atemberaubend, vor allem wenn man auf Bergen steht und über die weite Landschaft oder das Meer blickt. Die Städte sind wie erwähnt, wunderschön, detailreich und zum Original um einiges vergrößert und erweitert und auch sonst kann man nicht viel meckern, auch wenn die eine oder andere Textur etwas matschig oder detailarm wirkt und manche Gräser und Bäume in der Ferne aus dem Nichts aufploppen. Aber nichts davon ließ mir die Freude an dieser wunderbaren Optik vermiesen. Auch die Charaktere und zahlreichen Gegner/Monstertypen sind nochmal weit detaillierter, die Mimik ganz gut und die Effekte im Kampf sowieso grandios.
Dazu kommen die vorgerenderten Cut-Scenes, die nahtlos in die InGame Grafik und zurück wechseln. Die Synchro ist sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch überaus gut, wenn auch durch so manch abgefahrenen Japano-Humor auch mal etwas cringe. Über allem thront aber der legendäre Soundtrack, für den die Serie seit langem berühmt ist. Da hat man sich wieder viel Mühe gegeben die alten Themen neu aufzulegen, aber auch neue Musik einzubauen. Von epischem Herr der Ringe Soundtrack über stressige Action-Musik bis hin zu verrückten und modernen Klängen, die oft in Minigames oder bei Nebenmissionen den Humor unterstreichen sollen, ist alles dabei.